HARMONIC BRASS MÜNCHEN
So stellten sich die Musiker selber vor – in einer früheren Zusammensetzung des Ensembles
HARMONIC BRASS, MÜNCHEN
Hans Zellner, Trompete
Wer dem gestandenen Niederbayern mit der bedächtigen Stimme zum ersten Mal begegnet, möchte kaum glauben, dass er den Rennfahrer unter den Trompetern vor sich hat. Aber wenn Hans Gas gibt und sich auf der Piccolotrompete ein rasantes Wettrennen mit seinen Partnern liefert, dann wird schnell klar, warum er 1997 der Wunschkandidat von HARMONIC BRASS für die Stelle des ersten Trompeters war: Der langjährige Trompeter des BR-Orchesters vereint temperamentvolles Höhenspiel mit einem lupenreinen Ton voller Ausdruckskraft, der noch im extremen Diskant von einer Lockerheit des Ansatzes vorwärts getragen wird, die selbst bei ausgesprochenen Bach-Spezialisten so nur selten zu hören ist. Kein Wunder, dass sich die vier Kollegen von HARMONIC BRASS schnell über seine Verpflichtung einig wurden. Einzige Bedingung: ein originelles Einstiegsgeschenk!
Hans Zellner hat nicht lange gezögert, arrangierte kurzerhand seine geliebte Latinnummer „Tico Tico“ für Trompete um und spielte sich damit nicht nur in die Herzen der Zuhörer, sondern auch in die seiner neuen Teamgefährten. Hans Zellners musikalische Laufbahn verlief nicht ganz ohne (freilich sehr interessante) Umwege: Wie es in einer Familie mit langer Blasmusiktradition eher ungewöhnlich ist, absolvierte Hans erst einmal ein musikalisches „studium generale“ mit Violine, Klavier und Orgel, bevor er schliesslich die Trompete für sich entdeckte, die er später in München studierte. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die nicht nur seine grösste Inspirationsquelle ist, sondern als Pianistin auch das nötige Verständnis für die langen Tourneen mitbringt. Sie lebt mit den zwei Kindern in Hemau bei Regensburg, wo es ihr im Kreise ihrer Grossfamilie nie langweilig wird, während Hans in Sachen Brass unterwegs ist. Und da dem Tausendsassa über 150 Konzerte im Jahr noch nicht genug sind, arrangiert Hans Zellner in der Zwischenzeit alles, was ihm unter die Finger kommt.
Jürgen Gröblehner, Trompete
Er ist einer der geistigen Väter von HARMONIC BRASS. Und weil das Quintett ein musikalisches Wunschkind war, sorgt Jürgen Gröblehner voller Hingabe dafür, dass es immer weiter wächst und gedeiht, sich stilistisch ständig fortentwickelt und ein gerngesehener Gast im In- und Ausland bleibt.
Wer den Lebensweg des gebürtigen Dresdners kennt, der versteht, weshalb ihm sein „Baby“ so sehr ans Herz gewachsen ist: ein eigenes Ensemble wie HARMONIC BRASS ist die Erfüllung eines langgehegten Wunschtraumes für Jürgen Gröblehner, den ihm das totalitäre DDR-Regime versagt hat. Als die real existierende Willkür des SED-Staates den jungen Trompeter trotz attraktiver Konzertangebote nicht in den Westen reisen liess, war für den nachdenklichen, unabhängigen Geist das Mass endgültig voll. Gemeinsam mit seiner Frau, einer Geigerin, fasste sich Jürgen Gröblehner ein Herz, fuhr im Sommer 1989 nach Ungarn und schwamm auf einer Luftmatratze durch den jugoslawischen Grenzfluss Drau in die Freiheit. Wer ahnte denn schon, dass wenige Monate später die Mauer fallen würde? Jahre später ist das Musikerehepaar längst fest in Neuried bei München verwurzelt, hat in der Zwischenzeit drei echte Münchner Kindl bekommen und fühlt sich in seiner Wahlheimat rundum wohl.
Jürgen Gröblehner übernahm 1993 die Aufgabe des Conferenciers in den Konzerten sowie die organisatorische Leitung des Ensembles, das nicht zuletzt dank seiner Kreativität, seinem Mut zum Risiko und seinem Blick für das Wesentliche eine steile internationale Karriere gemacht hat. Seinen ersten, wohl wichtigsten Mäzen hatte Jürgen Gröblehner übrigens in seinem Grossvater, der dem siebenjährigen (!) Jungen bei einem Spaziergang durch Dresden kurz entschlossen seine erste silbern glänzende Trompete kaufte!
Andreas Binder, Horn
Der waschechte Oberbayer ist so etwas wie die Seele des Quintetts, denn er sorgt als Hornist nicht nur im Konzert für eine ausgeglichene Stimmung zwischen hohen und tiefen Bläsern, sondern auch während der langen Probephasen und Tourneen. Er ist gewissermassen der „Medizinmann“ von HARMONIC BRASS, d.h. er spürt ganz genau, wenn sich im Ensemble Spannungen anbahnen. In solchen Situationen findet er dann immer die richtigen Worte, um diese in Wohlgefallen aufzulösen. Seine soziale Ader kommt nicht von ungefähr, denn wer mit fünf älteren Geschwistern klar kommt, den können auch vier verrückte Blechbläser nicht aus der Ruhe bringen…
Dabei wäre HARMONIC BRASS gar nicht in den Genuss von Andreas Binders schmiegsamen Hornklang gekommen, wenn er nicht so ein miserabler Geigenspieler gewesen wäre! Denn im Gymnasium (sein Motto: „Man soll den Tag nicht vor der sechsten Stunde loben.“) war es ihm eine Qual, nach Schulschluss noch mit seinem Geigenlehrer zu üben. Erst das Angebot des Lehrers, die Geige gegen ein Horn einzutauschen (und dadurch auf Orchesterfahrten mitgenommen zu werden) sorgte für einen Motivationsschub, der bis heute nicht abgebremst werden konnte. Mit 19 Jahren begann Andreas Binder in der Münchener Jazz Band „Mind Games“ und fuhr von da an zweigleisig – in der Nacht der Jazz und tagsüber die klassische Ausbildung. Auch wenn es für den Wanderer zwischen den Musikwelten zeitlich nicht immer ganz leicht ist, seine beiden Talente unter einen Hut zu bringen – für den grenzüberschreitenden Stil von HARMONIC BRASS ist Andreas Binders Doppelbegabung ein Glücksfall!
Thomas Lux
Thomas Lux, der 2004 als Youngster zu Harmonic Brass kam, kann man
getrost als Glücksgriff für dieses Ensemble bezeichnen. Als er dem
hartnäckigen Werben von Jürgen Gröblehner für diesen Posten endlich nachgab,
stand ihm bereits eine glänzende Posaunistenkarriere in Aussicht. Schon das
Vaterland verzichtete aufgrund seiner posaunistischen Begabung auf seine
militärischen Dienste. Bei den grossen Orchestern Deutschlands war er als
ständige Aushilfe bereits bekannt, jetzt stand eigentlich der endgültige Sprung
ins Orchester an – wäre da nicht das faszinierende Harmonic Brass-Leben
dazwischengekommen, das er auf einer Aushilfstour für seinen Vorgänger erschnupperte.
Unterwegs zu sein mit vier musikalisch-verrückten Kollegen und sich Abend für
Abend die Seele aus dem Leib blasen zu können – das war nach seinem Geschmack,
zudem er seine Kindheit im „Original-Knusperhaus“ verbrachte, mit dem seine
Mutter jetzt noch von Jahrmarkt zu Jahrmarkt zieht, um alle nur erdenklichen Süssigkeiten
anzubieten. Fahrender und gleichzeitig blasender Geselle sein zu können –
Thomas nahm die Stelle freudig an und wurde binnen kürzester Zeit
unverzichtbarer Bestandteil dieses exquisiten Bläserzirkels. Neben der
weltweiten Konzerttätigkeit liegt ihm die Optimierung von Posaunen in
Zusammenarbeit mit Instrumentenmachern am Herzen, und vielleicht gibt es ja
bald das Modell „Thomas Lux“ – dem Rheinhessen, der lange Jahre Judo und Krafttraining
betrieb, ist alles zuzutrauen.
Wenn wirklich einmal freie Zeit bleibt, steigt er mit seiner südkoreanischen
Frau in eine Maschine der Korean Air, um in sein inzwischen liebgewonnenes
Seoul, die Heimat seiner Frau, zu fliegen. Und auch dort denkt er an seine
Kollegen und bringt ihnen Kim-Chi mit, wohlschmeckender, mit viel Knoblauch
eingelegter Chinakohl… Eine Bereicherung für alle Sinne!
Manfred Häberlein, Tuba
Eigentlich wollte Manfred Häberlein Fussballspieler werden, doch stattdessen landete er mit dem Tenorhorn im Forther Posaunenchor, wo auch Papa Häberlein die Tuba spielte. Als der Vater eines Tages seine aktive Laufbahn als Tubist beendete, wurde Manfred sein mehr als würdiger Nachfolger. Binnen zwei Wochen (!) beherrschte er sein neues Instrument so gut, dass er bereits beim Festgottesdienst an Ostern mitspielen durfte. Von da an gab es für Manfred Häberlein kein Halten mehr. Nicht einmal ein Meniskusschaden kurz vor der Aufnahmeprüfung am Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg konnte seine stürmisch entbrannte Liebe zur „Dickmadam“ unter den Blechblasinstrumenten gefährden: er humpelte einfach auf Krücken in den Saal – und sein Bruder trug ihm die Tuba nach!
Bereits ein halbes Jahr nach seinem Wechsel ans Münchener Richard-Strauss-Konservatorium gehörte er zu den Gründungsmitgliedern von HARMONIC BRASS. Seitdem ist er der Fels in der oftmals recht stürmischen Brandung der Musikszene. Aber so umsichtig und besonnen er als Tourmanager die Reisen von HARMONIC BRASS plant, so ausgelassen bringt er seine Tuba zum Tanzen. „Schwerelosigkeit ist keine Frage des Gewichtes“, pflegt der Familienvater gelassen zu sagen, wenn er mal wieder auf die sperrigen Ausmasse seines Lieblingsinstrumentes angesprochen wird. Als harmonisch-rhythmisches Rückgrat des Ensembles legt Manfred Häberlein mit seiner ungemein warmen Intonation je nach Bedarf mal wuchtig wummernde Jazzsynkopen hin, dann wieder ruhig und wie gehaucht dahinfliessende Basslinien und gibt so dem Quintett Halt und Orientierungspunkte. Freilich hat Häberleins souveräne Zurückhaltung bisweilen Grenzen: Wenn ihn ab und zu das Zwerchfell juckt, dann muss er sich mit ein paar leichtzüngigen Soli austoben – jeder braucht eben seinen Ausgleichssport, und da der Manfred ja nicht Fussballer werden durfte…
2019 sind Thomas Lux und Jürgen Gröbleher nicht mehr dabei. Neu spielt Alexander Steixner Posaune, Elisabeth Fessler nimmt sich der hohen Töne auf Trompete und Cornett an.
Alexander Steixner und Elisabeth Fessler – vorne.