„Pensioniertentreffen“ auf dem Gäbris – 27.10.2011
Klassenzusammenkunft der Gaiser Jahrgänge 1946 und einzelner 1945-er
Alle fünf Jahre treffen sich Ehemalige des Jahrgangs 1946, aber auch etliche 1945-er in Gais. Es war auch diesmal ein eigentümliches, undefinierbares Gefühl, auf dem grossen Schulhausplatz im Dorf einzutreffen. Da standen grauhaarige Männer, daneben skeptisch dreinblickende Frauen, die beim Näherkommen einer Person fieberhaft zu überlegen schienen: „Wer ist jetzt das? Kenn ich den oder die?“
Und oft braucht es Nachhilfe, wenigstens einen kleinen Tipp. Manchmal genügte aber auch schon nur die Stimme, um eine lange nicht mehr gesehene Schulkameradin, einen nicht mehr präsent gehabten Schulkollegen zu erkennen. 38 Frauen und Männer hatten sich eingefunden, um zusammen alte Erinnerungen aufzufrischen und gemeinsam einen schönen Abend zu verbringen.
Gäbris mit Sonnenuntergang
Während die einen den Aufstieg zum „Gääser Hausberg“ unter die eigenen Füsse nahmen, vertrauten andere ihren vier Rädern. Die Bewilligung dazu hatte Annemarie schon zu Beginn verteilt. Nachts wollte schliesslich niemand im Dunkeln durch den Langenwald hinunter nach Gais wandern. Auf dem Gäbris zeigte sich die Welt in strahlendstem Sonnenschein und tiefstem Blau, was besonders die Leute aus den Unterländer Nebelregionen freute. Der Alpstein stand zum Greifen nah, der Bodensee wurde durch Nebelschwaden verdeckt und die Vorarlberger Berge grüssten weiss überzuckert.
Die Organisatorinnen der diesjährigen Zusammenkunft, Brigitte und Annemarie, scheinen einen ganz besonderen Draht zum Wettergott zu haben. Oder machte es die Nähe zur weitherum bekannten Wetterstation auf dem Schwäbrig aus, dass kein Wölklein am Himmel zu finden war? Tatsache ist auf alle Fälle, dass an diesem Samstagabend das Essen beim Anblick der langsam untergehenden Sonne – mit nachfolgender „bengalischer Beleuchtung“ des Himmels – ganz besonders gut schmeckte und Auge, Ohr und Gaumen gleichermassen beglückt wurden.
Gesellige Runde
Bereits beim Empfang auf dem Gäbrisgipfel, auf 1251 m Höhe, lockte ein Apéro mit feinen Häppchen die Ersten aus der Reserve. Bei Speis und Trank lässt sich schliesslich viel leichter ein Gespräch anknüpfen. Und so schwirrten die Stimmen innert kurzer Zeit durch die heimelige Gaststube. „Was machst du auch immer?“ „Und du, bist du pensioniert?“ oder auch „Hast du Enkelkinder?“ waren vielfach gestellte Fragen. Bei so vielen Personen war es natürlich eher schwierig, mit jeder und jedem in ein tieferes Gespräch zu kommen. An allen Tischen wurde jedoch nach links und rechts und auch über den Tisch hin diskutiert, einander zugeprostet und über das eigene Leben Auskunft gegeben.
Es gibt natürlich auch immer Gründe, einem solchen Treffen fernzubleiben. Verschiedene Ehemalige hatten sich abmelden müssen, manche auch gar keine Antwort gegeben. Auf der Klassenliste gibt es zudem noch immer einige Wenige, die nicht aufgefunden werden konnten.
Brigitte und Annemarie hatten als musikalisches „Hors d’oeuvre“ Bruno Kessler eingeladen, einen Hackbrettler aus Herisau, welcher im braunen Appenzeller „Hääss“ – mit roter Weste, Bauernschmuck und braunen Hosen, aber ohne „Lendauerli“! – aufspielte und dazwischen den einen oder anderen Witz aus dem Umfeld der Schule erzählte. So erklärte er beispielsweise, dass einem Reisenden auch noch so viele Sprachen rein gar nichts nützen, wenn er beim Nachfragen nach dem Weg auf ein pfiffiges, maulfaules Gegenüber trifft.
Alte Erinnerungen
Gertrud hatte eine Schnitzelbank aus dem Jahre 1962 – für die meisten das Jahr ihrer Konfirmation – ausgegraben und Marie-Louise dazu verführt, diese im Wechsel mit ihr vorzutragen, was für die seit so langer Zeit im Welschland lebende, quirlige „Masus“ einige Tücken hatte. Da kamen ganz verschiedene Mödeli und Eigenarten aus frühester Jugend wieder ans Tageslicht. Zwar waren einige der Angesprochenen nicht da, aber verschiedene Anwesende hörten mit roten Ohren zu, wie ihre alten „Sünden“ ausgebreitet wurden.
Mit grossem Gelächter, oftmals auch der Vortragenden selber, wurden diese liebevollen Sticheleien, die seinerzeit Hedwig ausgeheckt hatte, quittiert und oftmals grad noch zusätzlich ergänzt. Vieles, was 1962 galt, ist auch heute noch erkennbar. So hat man auch diesmal Hans ganz sicher gehört, aber von Röbi nur ganz wenig vernommen. Der persönliche Charakter ändert sich auch über die Jahre nicht einfach so, wohl aber die Einstellung zum Leben.
Dass sich Silvia trotz grosser gesundheitlicher Einschränkungen, verursacht durch einen Fuchsbandwurm, auf dem Gäbris einfand – sie benötigt deshalb seit einigen Jahren einen Rollstuhl – berührte und verdient allergrössten Respekt. Liebevoll begleitet von ihrem Gatten genoss sie das Bad in der Menge ihrer ehemaligen „Gspanen“, bis es ihr etwas zu viel wurde und sie sich wieder verabschieden musste. Einmal mehr wurde deutlich, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, wenn man zu Beginn des Pensionsalters gesund sein darf.
Morgenessen für die Unentwegten
Wie schon bei den letzten Treffen üblich, gab es auch diesmal am Sonntagmorgen einen gemeinsamen „Brunch“ für all diejenigen, die von einem solchen Treffen kaum genug bekommen können. Heinz und Vreni Willi tischten viele feine Sachen auf, als Dessert durften alle, die wollten, die neuen Räume im heimeligen Bären bestaunen. Laut Touristikfachleuten habe dieses Gasthaus die schönsten Zimmer im ganzen Kanton, wusste ein Klassenkollege zu berichten. Wer die auserlesen ausgestatteten Zimmer mit so interessanten Namen wie „Backnasli“ oder „Weesli“ gesehen hat, will dies gerne glauben.
Annemarie und Brigitte haben eine sehr schöne Zusammenkunft auf einem herrlichen Aussichtspunkt samt Wunderwetter (?!) organisiert. Dafür gehört ihnen ein herzliches DANKESCHÖN aller Beteiligten!
Gespannt darf man darauf sein, wie die nächste Zusammenkunft in fünf Jahren aussehen wird – und vor allem, wer die Organisation an die Hand nehmen wird. 2016 wäre es wieder soweit…
Annelies Seelhofer-Brunner