Neubestellung der Kirchenbehörde der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Oberuzwil-Jonschwil
Wie immer fand auch die diesjährige Kirchbürgerversammlung nach einem Gottesdienst statt, diesmal am Palmsonntag. Man war gespannt, wie diese Versammlung wohl verlaufen werde, hatte doch Präsident Roger Lindenmann im Gottesdienst vom Neujahr 2024 auf diesen Termin hin seinen unverzüglichen Rücktritt verkündet. Eine ansehnliche Anzahl Kirchgemeindemitglieder wohnte denn auch dem Gottesdienst und der anschliessenden Versammlung – früher «Kirchhöri» genannt – bei.
Rock my Soul-Gottesdienst
Diesmal bereicherte wieder einmal das kleine Rock-my-Soul-Chörli den Gottesdienst. Begleitet wurde es von Michel Müglich am E-Piano, Joel Walser an der Gitarre und Flavia Müglich entweder an der Gitarre oder auf der Panflöte. Ingrid Bernhardsgrütter leitete den Gesang. Zehntausend Gründe hiess eines ihrer Lieder, zehntausend Gründe, um Gott zu loben.
Palmsonntag, wirklich ein Jubeltag?
Lektor Philipp Alder las den Predigttext aus Lukas, 19, Verse 28 – 40. Pfarrer René Schärer hatte für seine Predigt eine nicht alltägliche Sichtweise gewählt. Er stellte sich und der Gemeinde die Frage, ob dieser Tag wirklich so ein Jubeltag sei, wie ihn die Evangelisten beschreiben würden. Erst bittet Jesus seine Jünger, ihm einen Esel zu besorgen. Der sei vor den Toren der Stadt angebunden. Interessanterweise übergibt der Besitzer des gewünschten jungfräulichen Tieres dieses ohne grosse Diskussion. Jesus will nicht auf einem Pferd – wie die mächtigen römischen Kriegsherren – sondern auf einem Esel, diesem Tier «des Friedens», in Jerusalem einreiten.
Während die römischen Besatzer nach jeder gelungenen Schlacht in Hurra-Rufe ausbrechen, nimmt sich Jesus eher ruhig all der Schwachen, Armen und Ausgegrenzten an und durchbricht dabei manch religiöses Gesetz, so etwa das Sabbat-Gebot. Jesus verkündete ausserdem: «Mein Reich ist nicht von dieser Welt». Die Jünger jubelten Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begeistert zu, unterstützt von einer grossen Menge. Ja, sie breiteten ihre Kleider auf der Strasse aus, um ihn zu ehren, heisst es in verschiedenen Evangelien. Noch heute bedeutet ein roter Teppich hohe Ehre für hochrangige Persönlichkeiten. Doch wie immer gilt auch hier: Grosser Jubel ist immer mit Vorsicht zu geniessen. Wie schnell kann doch der tiefe Fall kommen! Karfreitag ist der beste Beweis dazu.
Kirchbürgerversammlung
Die ordentliche Kirchbürgerversammlung fand direkt im Anschluss an den Gottesdienst statt, ebenfalls in der Kirche. 73 stimmberechtigte Personen sassen im Kirchenraum, solche ohne Stimmrecht bat Kivo-Präsident Lindenmann, doch bitte auf die Empore zu wechseln. So war der Überblick beim Abstimmen gewahrt.
Präsident Roger Lindenmann führte speditiv und strukturiert durch seine letzte Versammlung als Vorsitzender der Vorsteherschaft. Die wichtigsten Geschäfte hatten bereits im Vorfeld im von den Sekretärinnen Petra Forster und Doris Müller sehr leserfreundlich gestalteten Amtsbericht nachgelesen werden können.
Es stehen dieses Jahr einige kostspielige Geschäfte an. Eigentlich wollte man das Dach des Kirchgemeindehauses mit einer Photovoltaik-Anlage bedecken. Doch leider stellte sich heraus, dass viele der asbesthaltigen Ziegel nach gut 50 Jahren morsch sind. Deshalb muss erst das Dach saniert werden. In den Kosten von Fr. 120’000 für Ziegelaustausch und Photovoltaik sind die Sonderentsorgungskosten bereits eingerechnet. Auch die Orgel braucht eine Überholung. Dafür sind Fr. 80’000 budgetiert. Am Kirchturm und dem Mauerwerk sind ebenfalls Renovationsarbeiten im Umfang von ca. Fr. 40’000 nötig. Alle Vorhaben wurden einstimmig abgesegnet. Das Stimmenzählerduo Marco Waespe und Isabelle Abächerli wurde nie gefordert.
Herausfordernde Zeit
Roger Lindenmann verhehlte nicht, dass die letzten Monate sehr herausfordernd gewesen seien. Weil die Behörde in Unterzahl nicht allein beschlussfähig war, entsandte die Kantonalkirche den Kurator Paul Baumann ins Gremium. Dieser war seit Juli 2022 bei allen Sitzungen dabei, nahm Mediationsaufgaben wahr und unterstützte die Behörde, wo er nur konnte. Dabei gab es für die Mitglieder oft mehr Arbeit als anfänglich geplant zu leisten. Nicht immer lief alles einfach rund, wie Lindenmann ganz offen sagte.
Neue Gesichter in der Kirchenbehörde
Nach dem unerwarteten Rücktritt von Präsident Roger Lindenmann brauchte es eine Art Neuanfang. Zum Glück haben sich vier neue Persönlichkeiten für die Mitarbeit in der Vorsteherschaft gemeldet.
Ihre Namen: Hans Peter Hug, Corina Deamoli, Lisa Alder-Kuhn und Erika Weiss, Hug stellte sich für das Präsidium zur Verfügung. Die vier Personen hatten sich schon am Sonntag, 25. Februar 2024, nach dem Gottesdienst bei einer Informationsrunde vorgestellt. Näheres dazu im folgenden Link – Neuer Rückenwind für das Gemeindeschiff. Hans Peter Hug stellte sich zudem für den Einsitz in die Synode zur Verfügung.
Amtszeitbeginn
Die Amtszeit für die Neugewählten beginnt – ausser für Lisa Alder-Kuhn als ehemaliges Mitglied und langjährige Präsidentin – am 1.Juli, bis dann bleibt Kurator Paul Baumann noch beratend im Amt. Die übrigen Drei sind erst nach der Inpflichtnahme durch das Dekanat ab 1. Juli 2024 stimmberechtigt. Während der sogenannten Kassationsfrist – 14 Tage nach Veröffentlichung des Protokolls – bleibt Roger Lindenmann noch offizieller Präsident.
Einstimmige Wahl aller Vorgeschlagenen
Erwartungsgemäss wurden alle Vorgeschlagenen mit grossem Applaus – nach vorherigem Bestätigen per Handaufhalten – in das neue Amt gewählt. Zwei Personen aus der GPK – Geschäftsprüfungskommission – wechselten in die Vorsteherschaft, deshalb brauchte es für diese ebenfalls wichtige Kommission wieder zwei Ersatzmitglieder. Vorgängig waren noch keine Namen bekannt. Spontan stellten sich während der Versammlung Adrian Müller und Willi Forster aus Oberuzwil zur Verfügung. Beide wurden denn auch einstimmig gewählt. Weil aber bereits Willi Forsters Schwester in dieser Behörde sitzt, musste diese Wahl im Nachgang der Versammlung aufgrund von Artikel 64 der kantonalen Kirchenverfassung annulliert werden, da nahe Verwandte nicht gleichzeitig ein solches Amt innehaben dürfen. Da dieses Amt nicht mit grossem Aufwand verbunden ist, kann bestimmt bald ein anderer Ersatz dafür gefunden werden.
Allgemeine Umfrage
Erwartungsgemäss gab dieses Traktandum diesmal mehr zu reden. Erst meldete sich Roger Lindenmann in eigener Sache und stellte fest, dass er mit viel Elan und Visionen in dieses anspruchsvolle Amt eingestiegen sei. Doch nun sei der Schwung weg, der Wind aus den Segeln genommen worden. Er bedankte sich bei allen Behördenmitgliedern, den Angestellten und den vielen Freiwilligen, die das Kirchenschiff in Bewegung halten. Und er wünschte allen Frischgewählten, dass sie «das Schiff schnellstmöglich aus der Flaute in Gewässer mit stetigem Wind führen dürfen.»
Danach verteilte der scheidende Präsident Blumen an die frischgewählten Behördenmitglieder, welche diese mit überraschter Miene entgegennahmen. Auch die Berichterstatterin wurde mit einem Präsent überrascht, für ihre «unermüdliche Berichterstattung», wie er sagte. Der Kurator wurde ebenfalls bedacht, dies mit einem Kistchen mit stärkendem Bier. Alle freuten sich über diese wertschätzenden Gesten.
Wertschätzende Worte des Kurators
Paul Baumann meldete sich danach persönlich zu Wort. Er bedankte sich zuerst bei Roger Lindenmann für all seine Arbeit, die dieser zugunsten der Kirchgemeinde – und mit viel Können, Herzblut, Tatkraft und Zuverlässigkeit – geleistet habe. Lindenmann sei kein «Kuschelpräsident» gewesen, meinte er, merkte dazu aber an: «Wer sich einsetzt, setzt sich eben immer auch aus».
Dann rief er dazu auf, als Kirchbürger einige wertschätzende Worte über den je eigenen Kontakt an den scheidenden Präsidenten zu richten oder ihm vielleicht später ein paar persönliche Worte zukommen zu lassen.
Erst meldete sich Chantal Hafner, Religionslehrerin, die am Mikrofon davon berichtete, wie gut sie sich – als Koordinatorin für alle Belange der Religionslehrkräfte – von Roger Lindenmann unterstützt gefühlt habe, dies alles zum Wohl der Fachlehrkräfte Religion.
Auch der junge Kirchenvorsteher Ernst Krapf trat ans Mikrofon und erklärte, dass er und der Präsident zwar nicht immer die gleiche Meinung gehabt hätten, er habe sich aber von diesem als Neuling dennoch sehr gut unterstützt gefühlt und seinerseits die Arbeit des Präsidenten sehr geschätzt.
Die Band machte den Abschluss und bekam für ihre Darbietungen – zusammen mit dem kleinen, aber feinen Chörli – einen wohlverdienten, lautstarken Applaus.
Bei einem reichhaltigen Apéro wurde darauf im Kirchgemeindehaus eifrig diskutiert. Besonders begehrte Gesprächspartner und -Gesprächspartnerinnen waren dabei die kurz vorher gewählten neuen Behördenmitglieder.
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