An einem lauen Sommerabend im August 2023…

An einem lauen Sommerabend im August 2023…

14. August 2023 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Oder auch: «…als die Black Jacket-Swing Big-Band, verwurzelt in der Ostschweiz, Oberuzwiler Besucherinnen und Besucher anlässlich der Serenade zum Sommerferienende verzückte». Wetterglück hatten vor allem die Verantwortlichen an  diesem schon seit vielen Jahren zur Tradition gewordenen Sommerferienschluss-Anlass auf dem Areal der Oberstufe Schützengarten. Schliesslich hatte man noch wenige Tage zuvor wieder wärmere Kleider hervorgenommen und den Regenschirm kaum irgendwo vergessen, weil man den schliesslich fast immer gebraucht hatte.

Big Band mit Swing im Blut

Big Band Leader Jack Stroeher leitet die «Black Jacket Swing Big Band» seit 2019. Den Mann darf man ruhig als «Weltmusiker» bezeichnen, ist er doch schon vielerorts in Europa, aber auch in den USA aufgetreten. Der vielseitige Instrumentalist – Piano, Akkordeon, Saxofon – spielt aber nicht nur, sondern komponiert und arrangiert für seine Band. So hat er auch ein ganz besonderes Arrangement für seine Musikerkollegen komponiert. Auf dem aufgelegten Flugblatt mit der Playlist ist allerdings auch eine Frau, die Saxofonistin Judith Goldener, in Aktion zu sehen. Dieses Stück namens «BariToni’s Soul», für vier Baritonsaxofone eingerichtet, fand denn auch besonders grossen Anklang. Tiefer hätte der vorletzte Ton des Stücks nicht mehr sein können, bis sich im Schlusston alle Bandmitglieder zu einem swingenden Schlussbouquet zusammenfanden. Der  Applaus verlief sich allerdings etwas im Abendhimmel des offenen Innenhofs.

Spitzenmusiker

Man muss musikalisch schon etwas «auf dem Kasten» haben, wenn man in dieser Formation mitspielen will. Das kam in den verschiedenen Solo-Teilen immer wieder zum Vorschein. Die Ballade «I’m getting sentimental over you» von George Bassmann wurde von Solist Karl Swec am Flügelhorn zu einer wehmütigen Reise durch die Vergangenheit, wunderschön begleitet von der dezenten Rhythmusgruppe und den übrigen Bläsern. Man hatte das Gefühl, die Seele werde beim Zuhören ganz fein gestreichelt. Hier kann das von George Bassmann für das Tommy Dorsey Orchestra komponierte Werk mit Thommy Dorsey (Aufnahme 1935) als Solist nachgehört werden. I’m getting sentimental over you

Es gäbe zu jedem der Bandmitglieder ganz viel zu sagen. Zum Glück hat die Band eine wirklich aussagekräftige eigene Webseite. Da können Interessierte viele Hintergrundinformationen erfahren. Die Black Jackett Swing Big Band

Besetzung

Die Band tritt in der typischen Big-Band-Besetzung der damaligen Zeit auf. Genaue Aufteilung: Siehe Webseite. Die Rhythmusgruppe fügt sich besonders dezent in den Dienst der ganzen Band ein. Pianist Urs Welte bekam, genau wie andere  Mitmusiker, immer wieder Solo-Momente, um seine Virtuosität und Spielfreude zu zeigen. Bassist Jeff Wohlgenannt strich, ja streichelte den Kontrabass oft fast wie eine Geliebte, das Instrument dankte ihm das mit einem innig warmen Klang, ohne dass der einzelne Ton an Klarheit verlor.

Perkussionist Manuel Marxer behandelte sein Instrumentarium ebenfalls mit allergrösster Sorgfalt, liess den Rhythmus jedoch trotzdem immer gut hörbar erklingen. Band-Leader Stroeher stellte das Trio denn auch mit grossem Stolz als unverzichtbare Stütze der Swing-Band vor. «Bumbum» war da nicht zu hören, dafür ein austariertes Zusammenspiel mit feinen Zwischentönen.

Famose Rhythmusgruppe: v.l. Urs Welte am Piano; Jeff Wohlgenannt, Kontrabass und Manuel Marxer, Perkussion

Stimmgewaltige Sängerin

Lilian Mettler ist seit 2006 Sängerin bei Auftritten der Black Jacket-Swing Big Band. Schon vom ersten Ton an verblüffte sie mit ihrer energiegeladenen Stimme, mit mitreissendrn Ausdruckskraft und Gestaltungsfreude. Mit «Almoust like beeing in Love» von Frederick Loewe aus dem Jahr 1947 eröffnete sie den Reigen ihres Mitwirkens zu einem verzaubernden Swing-Abend. Ella Fitzgeralds leichtfüssig dahergesungenes Lied «A tisket, a tasket» wurde von Lilian Mettler auf fast spitzbübische Weise dargeboten. Sie brauchte den Vergleich mit ihrer grossen Vorgängerin keineswegs zu scheuen.

Hier die Version mit Ella Fitzgerald zum Nachhören. Ella Fitzgerald „A-Tisket-A-Tasket“

Als Zugabe und damit als «Schlussbouquet sang Lilian Mettler noch «For once in my life», eine Ballade, die durch Stevie Wonder weltbekannt wurde. Mit einem Riesenapplaus an Band und Sängerin dankte das Publikum für diesen beschwingten, für eine Weile der Welt entrückten Konzertabend.

Angenehme Moderation

Bandleader Stroeher führte durch das Programm. Zu jedem Stück streute er die eine oder andere kleine Anekdote ein oder wies auf die besondere Art der Interpretation hin. Auch wenn der Swing vor gut hundert Jahren im Süden der USA ihren Anfang nahm, ist die Faszination für dieser Art Musik bis heute bei vielen Musikfans geblieben

Der Bandleader strich mehr als einmal hervor, dass man als «Black Jacket Swing Big Band» gerne Musik in einer eigenen Version präsentiere. Dabei schien er die Noten kaum zu brauchen, lief viel eher geschmeidig hin und her, blieb gerne auch mal bei einem Solisten stehen, legte diesem die Hand auf die Schulter und zeigte damit Wertschätzung für dessen musikalische Leistung, aber auch, wie viel Freude und Spass ihm die Zusammenarbeit mit dieser Band mache. Bei manchen Ansagen konnte man nur so staunen, in wie vielen Cover-Versionen es dieses bestimmte Werk unterdessen gebe. Immer wieder legte er auch Klatschsequenzen ein. Irgendwann übernahm auch das Publikum dies, sehr zur Freude des Band-Dirigenten.

Wiederhören macht Freude

Mit der auf allen Stühlen aufgelegten «Playlist» kam bereits vor Beginn des Abends Vorfreude auf. Stücke wie «Just a Gigolo» oder auch «Yesterday, when I was young» sind schliesslich schon längst Evergreens geworden. Aber auch andere Titel wie «Sing, sing, sing» von Louis Prima – 1936 entstanden – oder «Mack the Knife», bekannt aus Bertold Brechts «Dreigroschenoper» zusammen mit der Musik von Kurt Weill aus dem Jahr 1928 – befeuerten die Vorfreude. Dass daneben auch etwas weniger allgemein bekannte Werke auf dem Blatt standen, liess auf einen äusserst abwechslungsreichen Abend hoffen. Die Band verzückte das Publikum vom ersten Ton an mit dem passenden Titel «The Opener» von Carl Strommer.

Swing – ein Lebensgefühl

Nein, Swing ist nicht einfach nur eine Musikrichtung! Es ist ein Lebensgefühl, bringt Schwung ins Leben, nimmt aber auch eher melancholische Stimmungen auf. Aus dem Jazz in den späten 20-er-Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden, eroberte dieser Stil bald die Welt. Bis in die späten 40-er-Jahre war der Swing, der dank der damit verbundenen Bigbands auch in Europa grossen Anklang fand, ein wichtiger gesellschaftlicher «Klebstoff». Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs brauchte es neuen Optimismus, den diese Musikrichtung mit sich brachte. Benny Goodman (1909 – 1986) oder auch Glenn Miller (1904 – 1944) sind nebst vielen anderen auch heute noch bekannte Namen.

Vielen ist auch der gebürtige Schweizer Teddy Stauffer (1909 – 1991) noch ein Begriff. Nur den Nazis gefiel es gar nicht, dass ein in ihren Augen zügelloser Musikstil ihre Jugend verderben wolle. Noch dazu eine Musik, die aus einer afroamerikanischen Welt stammte, allerdings sehr schnell von weissen Musikgruppen übernommen und mehr und mehr kommerziell vermarktet worden war. Bis heute sind die Namen Cole Porter oder auch Ella Fitzgerald, aber auch andere Grössen wie Frank Sinatra, der zusammen mit Orchestern wie Tommy Dorsey oder Harry James auftrat und mit vielen Liedern Weltruhm erwarb, bei Fans dieser Stilrichtung präsent. Frank Sinatra New York, New York – 2008

In Europa war Bert Kaempfert ein erfolgreicher Hitschreiber und genialer Bandleader mit einem Riecher für gute Melodien und Arrangements. Er hatte bis in die Siebziger Jahre Erfolg mit seinem unverwechselbaren Bandsound. Bert Kaempfert – Swing. – YouTube Aber auch Max Greger, Paul Kuhn, Hugo Strasser oder James Last spielten mit ihren Big-Bands vor vollen Sälen.

Unter diesem Link kann die Vielfalt heutiger deutscher Bigbands nachgelesen werden – eine erstaunliche Fülle! Germany Big Bands

In den späten Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts kam der Rock’n’Roll auf und stand nun dem Swing mehr und mehr vor der Sonne. Doch die Faszination für diese Art Musik ist bis heute geblieben, was gerade auch die Black Jacket Swing-Big-Band aufs Schönste beweist.

Gesellschaftlicher Anlass

An diesem Abend kommt Jahr für Jahr wirklich fast «tout Oberuzwil» auf den Innenhof des Oberstufenzentrums. Man trifft sich da «analog», nicht immer nur über WhatsApp oder gar nicht. Während Angestellte der Gemeinde Getränke ausschenken und Brötchen verteilen, wird an den Apéro-Tischchen eifrig geplaudert. Eigentlich ist es doch noch gar nicht lange her seit dem letzten Mal – und doch ist bereits ein weiteres Jahr ins Land gegangen.

Wer pensioniert ist, hat zudem vielleicht das Ende der Sommerferien nicht immer so genau im Blick, da hilft die Ferienschluss-Serenade bei der Orientierung im Jahreslauf. Und weil der Anlass seit letztem Jahr bereits um 19:30 beginnt, hält man es an einem Abend wie diesem «beswingten»» Ferienabschluss auch wärmemässig ohne die aus Vorsicht bereitgestellten Armeedecken sehr gut aus.

Besonders herzig. Auf der Wiese im Hintergrund sah man zeitweise Buben einem Ball nachrennen, ganz im Sinne eines Anlasses für alle.

Dank

Ohne viele Helferinnen und Helfer im Hintergrund kann ein derartiger Grossanlass kaum durchgeführt werden. Kulturkommissionspräsident Reto Almer strich das in seinen warmen Dankesworten denn auch ganz besonders hervor.

Das Team des Unterhaltdienstes hatte etwas mehr als 200 Stühle auf dem Platz aufgestellt. Für den Service beim Apéro waren Mitglieder der Kulturkommission mit ihren Partnern oder Partnerinnen sowie Angestellte der Gemeinde im Einsatz. Ein Helikopter, welcher genau in dem Moment über das Schulhaus flog, spendete dazu mit seinem Geknatter ebenfalls Applaus für diese Helferdienste.

Schon seit Beginn der Oberuzwiler Serenade zum Sommerferienende dürfen Besucherinnen und Besucher eine dieser leuchtenden Sonnenblumen als Andenken an einen wunderschönen Konzertabend mit nach Hause nehmen. Motto: „Es hat, so lange es hat…“

Und aus Sicht der Zuhörerschaft: Ein herzliches Dankeschön an die Kulturkommission mit Reto Almer als deren Präsident und Ratsschreiberin Sandra Wagner samt dem gesamten Team. Sie haben dem Publikum damit einen beschwingten Übergang in den Alltag nach den Ferien geschenkt. Oberuzwil

Die Black Jacket-Bigband spielt unterdessen bereits 30 Jahre lang, und das immer noch mit viel Begeisterung. Am Samstag, 18. November 2023 feiern sie mit hoffentlich viel Publikum im Pentorama Amriswil dieses Jubiläum. Wer sich dafür interessiert, kann hier Billette bestellen. Ticketbestellung