Aus der Fantasie in die Tasten…

Aus der Fantasie in die Tasten…

25. Januar 2020 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Der Henauer Schulleiter Robert Singer sprüht nur so von Ideen. Und die müssen aufs Papier, wie er an der Vorstellung seines ersten Buches in der Uzwiler Bibliothek erklärte. Sein Bildungsurlaub brachte ihn nach Südafrika, wo der Gedanke in ihm reifte, seiner Freude am Fabulieren, am Erzählen und sich von der Fantasie überraschen zu lassen auch Ausdruck zu geben. Wer seine Homepage anschaut, sieht – und vor allem hört – als Erstes das Meer rauschen, bestimmt irgendwo in Kapstadt, dort, wo 250 km weiter südöstlich beim Kap Agulhas der Indische Ozean und der Atlantik ineinanderfliessen. Singer war 2006 in den Townships der Stadt unterwegs, auch in Soweto. Aus seinen Ausführungen war denn auch fast eine Art Heimweh nach diesem Land herauszuhören. Homepage Robert Singer

Liebevolle Laudation

Schulleiterkollegin Mirjam Meili – im Schulhaus Herrenhof tätig – stellte den Autor in berührenden Worten vor. Erst schilderte sie, wie sie ihn als Anwärterin auf den Schulleiterposten im Schulhaus Herrenhof kennengelernt habe. Singer war im Wahlausschuss. Geblieben sind ihr vor allem die unzähligen Fragen, die dieser Mann gestellt hat. Doch sie spürte dahinter eine wohltuend empathische Haltung. Auf einem darauf folgenden persönlichen Rundgang durch das Schulareal habe er ihr ein wenig von sich erzählt. Geblieben ist ihr vor allem, dass er verriet, nicht gerne zu schreiben, sondern das Telefon in jedem Fall vorziehe… Sie bekam den Job, er wurde ihr Mentor, sie wurden Freunde. Beeindruckt hat Mirjam Meili auch sein enormes Filmwissen – ein „wandelndes Filmlexikon“, wie sie es nannte. Allerdings hätten sie gar nicht den gleichen Filmgeschmack, denn sie lasse sich gerne von Herz-Schmerz-Filmen berühren. Aber sie habe ebenfalls eine abgründige Seite, liebe Psychospiele, Intrigen und Mordlust in Büchern.

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Zum 50. Geburtstag des Autors wollte Singers Gattin Lucia das Manuskript zum Buch – seinem ersten Buch überhaupt – in Buchform drucken lassen und zog Mirjam Meili für das Vorhaben mit ins Boot. Diese hätte die Manuskript-Fassung lesen dürfen, war dazu allerdings nur mässig motiviert. Als das Buch mit dem Titel WO dann aber wirklich gedruckt vor ihr lag, nahm sie die Handlung schon bald gefangen. Die Liebesszenen hätten sie allerdings erröten lassen… Doch das Buch habe alles, was eine gute Geschichte ausmachen würde. Innert weniger Tage war es denn auch verschlungen. Zum Abschluss ihres „Werbespots“ für den Autor legte sie dem gut siebzigköpfigen Publikum das Buch wärmstens ans Herz.

Vor heimischem Publikum

Im Raum waren ausgesprochen viele Kollegen und Kolleginnen auszumachen. Dass auch Schulpräsident Daniel Wyler im Publikum sass, zeigt, dass Wertschätzung für den Uzwiler Schulrat kein Fremdwort ist. Die Familie war natürlich ebenfalls zur Unterstützung da. Heisst es jedoch nicht oft: „Der Prophet gilt nichts im Vaterlande.“? Es ist schliesslich gar nicht so einfach, sich vor Freunden, Bekannten oder einfach nur Interessierten mit so einem Vorhaben fast etwas zu entblössen. Robert Singer hat es gewagt und bestimmt viele (Lese-) Freunde und Freundinnen mit seiner Lust am Abgründigen angesteckt.

Zur Geschichte

Zu Beginn schaltete Robert Singer sein Smartphone ein und liess eine kleine Sequenz des Liedes Talk to me von Maxim Nucci ertönen. Das Lied stammt aus dem Film LES PETITS MOUCHOIRS – und dieser hat, wie Singer anmerkte, irgendetwas in ihm anklingen lassen…

Les petits mouchoirs

Baby, Talk to Me

Erst bedankte sich der Autor nun für die liebenswürdigen Worte seiner Laudatorin. Darauf sinnierte er laut über seine Vorbereitung auf diese Lesung nach. Seinen Worten nach hatte er sich ganz genau überlegt, was er an diesem Abend von seinem Buch preisgeben wollte. Schliesslich sollte nicht zu viel verraten werden.

Die Hauptpersonen sind Peter Marxon, welcher Schulleiter – welch ein Zufall! – ist und in einer Bar eine ganz spezielle Frau kennenlernt. Sie hat sich dummerweise in dunkle Geschäfte eingelassen. In der Folge wird ihre Tochter Sarah entführt. Die Geschichte verschiebt sich nach Südafrika. Singer las einige Passagen aus der Mitte des Buches vor, es war fast wie im Theater. Dazu brauchte er keine Utensilien, seine wandlungsfähige Stimme genügte. Und das Publikum war ganz dabei.

Genauer Beobachter

Man hörte schon aus den paar vorgelesenen Seiten heraus, wie sehr dem Mann eine genaue Sprache wichtig ist. Bald fieberte man mit, als man hörte, dass Sarah schon seit drei Wochen in den Händen von zwei jungen Typen sei. Und man bekam einen Eindruck von Singers Filmwissen, denn er beschreibt da, wie Jamie Lee Curtis in einem Film am Leben blieb, obwohl sie immer schrie, was ja normalerweise die Situation eher verschlimmere. Auch Sarah erinnert sich immer wieder an Filmszenen, etwa an PANIC ROOM. Wikipedia – PANIC ROOM

Schon bald wurde es drastisch. Worte erzeugen ja innere Bilder, und diese sind manchmal noch schier erschütternder als das reine Bild. Geschrieben hat der Mann allerdings schon immer, Aufsätze – am liebsten richtig lange Geschichten –  waren für ihn Glanzlichter im Schulalltag, vermutlich ganz im Gegensatz zu den meisten andern aus seiner Klasse. Als Lehrer verfasste er später gerne Theaterstücke und Drehbücher. Psychologie scheint ihn zu faszinieren, dazu passt – wie auf der Ausschreibung von EX LIBRIS nachzulesen – , dass Singer für das laufende Jahr eine Zertifizierung in den Bereichen Teamberatung und Teamentwicklung, Führungscoaching und Psychodynamik anstrebt.

Mehr erfuhr man zudem über Singers Vorgehensweise. Da spielen Zettelchen eine Rolle. Wenn ihm eine kleine Szene im Kopf herumspukt, wird diese auf ein Stück Papier geschrieben, könnte ja vielleicht einmal in einem Buch verwendet werden. Das kann auch mitten in der Nacht sein. Und so gibt es auch nach dem Ende des ersten Buches noch genügend Vorrat im Mäppchen. Allerdings ist bereits ein zweites Werk mit dem ebenso kurzen Titel wie das erste bald „filmreif“, also zum Druck bereit. Es wird WANN? heissen. Und auch ein drittes – WER? – ist geplant. Man darf gespannt sein…

Spannende Fragerunde

Nach der Lesung gab es genügend Zeit für Fragen. Jemand wollte wissen, wie schwierig oder vielleicht auch einfach die Suche nach einem Verlag gewesen sei. Antwort: Singer hat zwischen 25 und 30 Verlage angeschrieben. Auf neue Autoren wartet niemand, man muss sich selber kümmern. Schliesslich landete er beim österreichischen NOVUM-Verlag. Da werden bestellte Bücher laufend produziert, es braucht deshalb keine riesige erste Auflage. Hier kann man nähere Informationen über diesen speziellen Verlag nachlesen. FOCUS – über den NOVUM-Verlaghttps://www.novumverlag.com/autoren/verlagsautoren/robert-singer.html

Von der Idee bis zum fertigen Buch hat es dann ungefähr 2 ½ Jahre gedauert. Singer hat den Text insgesamt sicher sechs Mal überarbeitet, manches gestrichen, Neues eingefügt, Szenen akzentuiert oder Unklares noch verdeutlicht. Der Autor – denn so darf er sich nun mit Stolz nennen! – mag es, sich von einer Geschichte treiben zu lassen. Dabei gehört er nicht zur Sorte „Schreiber im stillen Kämmerlein“, denn er kann seinen Gedanken überall freien Lauf lassen.

Inspiration bekommt er aus dem Alltag. Er habe erst sehr spät gemerkt, dass die Namen seiner Protagonisten – Peter und Judith – ja in seinem engsten Verwandtenkreis ebenfalls vorkämen. Seine Geschichte habe aber mit seiner persönlichen Realität nichts zu tun. Das ist auch bestimmt besser so, denn fieses, abgründiges Tun ist im Schulzimmer oder in der Familie ja nicht unbedingt gefragt. Doch scheint das Abtauchen in die schlimmsten Abgründe für den Mann ein gutes Mittel zu sein, sich immer wieder in eine ihm äusserlich völlig fremde Umgebung einzudenken, dabei hakenschlagend durch den Fortgang der Geschichte zu gehen und die Lust am Ungehörigen, Gemeinen richtig auszuleben. Allerdings könne er jeweils sofort wieder auftauchen, er sei nicht in seinen Geschichten gefangen.

Wer das Autorenbild inmitten einer afrikanischen Steppenlandschaft auf dem Flyer der Bibliothek gesehen hat, kann dem Autor bei näherer Betrachtung eine gewisse Verwegenheit, ja Abenteuerlust jedenfalls nicht absprechen.

Ziemlich verwegen…

Nach der Lesung gab es Gelegenheit, sich bei einem Apéro auszutauschen, aber auch die Möglichkeit, das Buch zu erwerben und vom Autor signieren zu lassen.

Nächster Anlass in der Bibliothek: Die Buchkönigin und Bloggerin Anette König stellt sich am Donnerstag, dem 5. März 2020, persönlich vor, zusammen mit dem in Uzwil bereits bestens bekannten Moderator Urs Heinz Aerni. Auch das wird bestimmt wieder ein inspirierender Abend. Die BuchKönig bloggt