„Der Himmel steht offen“

„Der Himmel steht offen“

17. Dezember 2019 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Advents- und Weihnachtskantate mit den vereinigten Kirchenchören Henau und Oberuzwil

Das erste Konzert der diesjährigen Konzertzyklus-Uzwil-Saison begann mit einer besinnlichen vielstimmigen Adventsmusik, komponiert vom Uzwiler Musiker und Komponisten Roman Bislin nach Texten der Bütschwiler Texterin und ehemaligen Schulleiterin Monika Rösinger. Die beiden katholischen Kirchenchöre Oberuzwil und Henau werden beide von Esther Wild Bislin geleitet. 80 Sängerinnen und Sänger sowie ein kleines, feines Orchester schenkten dem Publikum, das die Kirche fast vollständig gefüllt hatte, eine ergreifende, zum Nachdenken anregende Feierstunde.

Begrüssung durch Hanspeter Haltner, Präsident des Konzertzyklus Uzwil.

Wer auf der E-Mail-Versandliste des Konzertzyklus Uzwil steht, hatte diesmal Glück. Auf unerklärliche Weise waren nämlich die Programmhefte mit den Kantaten- und Choraltexten nicht bis zum Konzertbeginn eingetroffen, im Aussand per E-Mail jedoch vorab zugeschickt worden. Wer sie ausgedruckt hatte, konnte so jedes Wort mitverfolgen. Der Chor sang zum Glück mit sehr deutlicher Aussprache, so konnte auch ohne „Programm“ doch viel von dieser Verkündigung verstanden werden. Da auf den Textblättern auch die Publikumslieder aufgeführt gewesen wären, fügte die Chorleiterin nebst ihrer anspruchsvollen Dirigierarbeit noch die Liedernummern für das Publikum ins dafür vorgesehene Apparätchen ein. So konnten – bis auf ein Lied – doch immer wieder auch die Menschen in den Kirchenbänken in das Geschehen eingebunden werden.

Achtzigköpfiger Chor

Der grosse Chor mit seinen rund achtzig Mitgliedern bot ein imposantes Bild. Alle schwarz gekleidet, sodass es keinerlei optische Ablenkung gab, alles wie eine einzige grosse Einheit aussah. Eingeübt hatten die Chöre die verschiedenen Choreinsätze je in ihren eigenen Probenräumen, aber da beide die gleiche Dirigentin haben, war davon nichts zu spüren, alles klang wie aus einem Guss. Aufmerksam folgten die Sängerinnen und Sänger den klaren Einsätzen ihrer musikalischen Leiterin Esther Wild Bislin.

Adventskantate „Bereitet den Weg“

Monika Rösinger hat Texte von grosser Eindringlichkeit in klarer Sprache geschaffen. Die Adventskantate beginnt mit einer Bitte an Gott um Hoffnung und Führung. Das Publikum antwortete darauf mit dem Kanon „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“. Menschen fragen: „Wie lange noch willst du dich verbergen, oh Gott?“ Dann geht es auf die Reise. Das felsige Land auf dem Weg wird beschrieben. Disteln werden knospen, Hoffnung keimt auf.

„Was krumm ist, soll gerade werden!“ Wuchtig stieg hier das Piano ein, der Kontrabass setzte ebenfalls klare Zeichen. Verheissungen aus dem Alten Testament kamen zur Sprache. „Du, Bethlehem, bist auserkoren, in deinen Mauern wird uns allen der Retter geboren.“ Mit einem mächtigen „magnificat“ wurde das Geschehen um Elisabeth und Zacharias, aber auch um Maria herum erzählt. Die Musik nahm die Zuhörerschaft mit auf den Weg nach Bethlehem. Erst hiess es düster: „Schwer die Wege,- schwer. Und doch: Das Heil ist nahe. Gerechtigkeit blüht auf in seinen Tagen und Friede ohne Ende“. Dieser Wunsch nach Frieden wurde von Pianist Roman Bislin mit silberhellem Zwischenspiel akustisch gut vernehmbar vertieft.

Feines Orchester

Oboe, Cello, E-Piano und Kontrabass bildeten das kleine, feine Ensemble, welches die einzelnen Programmpunkte wirkungsvoll unterstrich. Komponist und Pianist Roman Bislin hatte dabei die Mitspielerinnen immer im Blickfeld. Beim Zuhören liess man sich gerne auf die Reise durch ganz unterschiedliche Gemütszustände ein. Zwischen den beiden Kantaten durften die Sängerinnen und Sänger sich hinsetzen und dem Adventsgedicht und dem Zwischenspiel des Orchesters lauschen. Zu dessen Auftakt stimmten einzig Kontrabass und Piano in eine feierliche, adventlich gestimmte Melodie ein, darauf setzte das Cello mit seinem der menschlichen Stimme ähnlichen Klang ein, bis sich schliesslich auch die Oboe mit schönem, weichem Ton vernehmen liess. Gegen Schluss des Stücks steigerte sich die Musik zu einem mächtigen Jubel, Vorfreude auf Weihnachten.

Kurz vor dem Konzert: Vorbereitungen des kleinen Orchesters mit  – v.l. – Regula Weiss, Tabea Krucker, Roman Bislin und Adelina Filli. Und Freude bei Regula Weiss, Oboe, und Tabea Krucker, Cello.

Weihnachtskantate – „Himmel und Erde verwoben im Kind“

Nach dem verhallten Jubel standen die Chöre wieder auf ihren Podesten. Mit dem Glück von Elisabeth, die in späten Jahren noch Mutter werden durfte, und Johannes dem Täufer, dem „Rufer in der Wüste“, begann der zweite Teil des Konzerts. Hier wurden nun auch die damaligen politischen Zustände angesprochen. Man hörte die marschierenden Soldaten, welche durch die gepflästerten Strassen zogen und dabei die Menschen der damaligen Zeit in Angst und Schrecken versetzten. Vor allem Piano und Bass veranschaulichten das Getrappel akustisch, bis dieses schliesslich in einen Augenblick völliger Stille mündete.

Auch Josef, eine der Hauptfiguren in der Weihnachtsgeschichte, bekam eine Würdigung. Im Wortpaar „Gott als Mensch – Mensch als Gott“ wurde der erste Teil von allen Beteiligten richtig mächtig, der zweite Teil jedoch zart und innig gesungen. Auch die mühsame Suche nach einer Herberge wurde thematisiert. Hier setzte das Lied „O du fröhliche, o du selige…“ – zusammen mit dem Publikum gesungen und überstrahlt von herrlichen Oberstimmen von Andrea Bachmann und Silvan Isenring – einen hoffnungsvollen Gegenpol. Und auch „Hört der Engel helle Lieder“ mit seinem „Gloria in excelsis Deo“- nach einer nachdenklich stimmenden Kurzgeschichte von Monika Rösinger, „Friede ist gar nicht so einfach“ – liess den Himmel erahnen. „Der Himmel steht offen“, sang der Chor, darauf fiel das Publikum mit Freude in das schöne Weihnachtslied ein.

Solistin Andrea Bachmann besang in einem berührenden „Wiegenlied“ Maria, erst summend, dann zugewandt und verinnerlicht. Im Kirchenraum war es mucksmäuschenstill. So könnte ein Kindlein wirklich ruhig einschlafen. Darauf verhiess ein heller Stern eine Botschaft der Wende. Und da kam endlich auch die Erfüllung – die Heilige Nacht brach an. Mit der zweimaligen Aufforderung „Öffne dein Herz!“ schloss die musikalische Adventspredigt, verbunden mit dem Zusatz: „…und mache es weit.“ Weil die Zuhörerschaft so berührt war und die Dirigentin diesen kurzen Moment der Stille auch mit einer Geste anzeigte, erscholl erst nach kurzem Zögern begeisterter Applaus, worauf der Chor nochmals „Der Himmel steht offen“ sang.

Tenor Silvan Isenring und Altistin Andrea Bachmann fügten sich mit ihren schönen Stimmen harmonisch in das musikalische Geschehen ein.

Tiefgründige Gedichte

Monika Rösinger schlug mit ihrem „Gedicht zum Advent“ eine Brücke zur Weihnachtskantate, die im zweiten Teil folgte. Sie nahm Bezug auf den Sinn der Adventszeit. Da soll neues Leben aus einem kleinen Reisigzweig grünen – ein Hinweis auf das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“, in einer früheren Fassung auch als „Es ist ein Reis entsprungen“ bekannt. Es ist ein Reis entsprungen „Fremde Wege sind möglich, bis man ankommt in einer helleren Welt“, hiess es zum Schluss. Auch ihre Kurzgeschichte zum Thema Frieden mit dem Titel: „Friede ist gar nicht so einfach“ regte zum Nachdenken an. Bei einem Konflikt braucht es auf beiden Seiten Kompromissfähigkeit, damit wirklich wieder Frieden einkehren kann.

Gesamtleiterin Esther Wild Bislin zeigte mit berechtigtem Stolz „ihre“ beiden Chöre. Diese hatten eine grossartige musikalische Leistung geleistet, zudem grosses „Stehvermögen“ bewiesen.

Komponist und Pianist Roman Bislin-Wild freute sich sehr über den grossen Applaus, welche in eine Standing Ovation mit einer Zugabe mündete. Neben im steht Adelina Filli, die mit ihrem Kontrabass den wichtigen musikalischen „Unterbau“ abdeckte.

Einige Informationen zu Leitung und solistisch Mitwirkenden

Die Altistin Andrea Bachmann hat ein breitgefächertes Repertoire und singt immer wieder gerne bei Neuschöpfungen mit, die Roman Bislin komponiert hat, dies meist in Zusammenarbeit mit Esther Wild Bislin, seiner Ehefrau, die mit ihren Chören die Werke probt und dann die Aufführungen leitet. Gemeinsam mit dem Tenor Silvan Isenring – im Hauptberuf Sekundarlehrer, aber ebenfalls vielbeschäftigter Solosänger in Messen und Kirchenkonzerten – trat die Sängerin in Henau auf. Die solistischen Einsätze der beiden klanglich sehr gut harmonierenden Stimmen hoben immer wieder wichtige Textaussagen hervor. Dabei wechselten sich die beiden oftmals solistisch ab, um sich kurz darauf wieder im harmonischen Duett zu treffen.

Regula Weiss, Oboe, und Tabea Krucker, Cello, kommen beide aus Bichwil. Regula Weiss studiert seit drei Jahren in Feldkirch Oboe, mit dem Schwerpunkt Instrumentalpädagogik. Tabea Krucker spielte etliche Jahre im Jugendorchester IL MOSAICO der Kantonsschule Wattwil, setzt beruflich jedoch auf das Fach Physik. Sie studiert an der ETH: Ihrer musikalischen Leidenschaft geht sie aber weiterhin mit viel Liebe nach, so etwa im Bernal-Quartett. Bernal-Quartett

Adelina Filli bewegt sich gerne in Klangräumen. Ihr Kontrabass gehört zu ihr, sie findet ihr Instrument einfach nur wunderschön und klanglich perfekt. Sie spielt gerne bei verschiedenen Projekten mit, hat eben erst ihre erste CD namens „süsom givè“ aufgenommen, dies mit einer dreiköpfigen Band ausgezeichneter Musiker. Adelina Filli

Der Komponist und Pianist Roman Bislin-Wild hat schon unzählige geistliche Werke komponiert, ist aber auch im Bereich des Musicals tätig. Er liebt es, verschiedene Musikstile miteinander zu einem Ganzen zu verbinden. Sein umfangreiches kompositorisches Schaffen kann auf seiner Homepage nachgelesen werden. Roman Bislin-Wild

Esther Wild Bislin ist in der Seelsorge-Einheit Uzwil als Kirchenmusikerin angestellt. Nach einer breitgefächerten Ausbildung im musikalischen sowie pädagogischen Bereich leitet sie seit vielen Jahren die katholischen Kirchenchöre Oberuzwil und Henau. Immer wieder studiert sie mit diesen grössere Werke ein, meist von Menschen aus der Region getextet und von ihrem Mann Roman Bislin-Wild vertont. Diese Zusammenarbeit hat auch zum Konzertzyklus-Uzwil-Auftritt geführt.

Das Konzert wird am Sonntag vor Weihnachten 2019 nochmals in der evangelischen Kirche Arosa erklingen, in der genau gleichen Besetzung.