«Die Zauberflöte» – einmal etwas anders vorgetragen
Konzertzyklus Uzwil-Präsident Hanspeter Haltner dankte in seinen Begrüssungsworten allen Sponsoren, die sehr treu diese Institution unterstützen. Nur ein Drittel der Einnahmen stammt nämlich aus dem Verkauf von Eintrittsbilletten, der Rest kommt von den hier aufgeführten Körperschaften oder Institutionen.
Diese erfüllen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, denn Kultur – und hier im Besonderen Musik – gehört zu einem erfüllten Leben. Dieser Einsatz wurde auf Haltners Bitte hin mit grossem Applaus verdankt.
Die Zauberflöte
Es ist wohl eine der berühmtesten Opern der Welt, DIE ZAUBERFLÖTE – KV 620 – komponiert von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791). Doch nicht alle wissen, wie diese Geschichte zustande kam. Dank dem Konzertzyklus Uzwil sind nun Besucherinnen und Besucher des 1.Konzerts in der Saison 2024/25 darüber unterrichtet. Denn der Librettist Emanuel Schikaneder (1751 – 1812) kam in der Person von Matthias Peter persönlich vorbei und berichtete über deren Ursprung. Mit entsprechender Kleidung und Perücke stellte er auch etwas dar. Leider war die Tonqualität nicht immer über alle Zweifel erhaben, man musste selbst mit gutem Gehör sehr gut hinhören, damit man all die Überlegungen zu dieser Oper auch mitbekam. Gestenreich stellte er seine Argumente im Dialog mit dem – unsichtbaren – Mozart in den Raum.
Kammermusik mit den Arien aus der Oper
Die Musik dazu spielte das Edes-Ensemble, bestehend aus Johanna Degen, Cello; Daniel Pfister, Flöte, und Christian Bissig, Gitarre. Die beiden Männer haben das Ensemble ursprünglich gegründet. Alle drei Personen wirken auf musikalischer Ebene in der Ostschweiz, sind aber auch in ganz verschiedenen anderen Formationen tätig. Das ungarische «edes» heisst auf Deutsch «süss»… Und süss hörte man die Querflöte etwa dann trillern, wenn Vogelgezwitscher gefragt war. Auf dem Programm standen 13 Arien aus den insgesamt 22 Arien bei Aufführungen im Theater. Dort dauert die Oper aber auch doppelt so lange wie in der Oberuzwiler Kirche, nämlich ungefähr drei Stunden.
Schikaneder
Über diesen Librettisten gibt es unzählige Anekdoten und Gerüchte. So wird berichtet, Schikaneder habe Geldsorgen gehabt und darum bei Mozart angeklopft, dieser solle sein in Grundzügen bereits vorhandenes Libretto vertonen. Vermutlich war es aber gerade umgekehrt, denn Mozart hatte einen eher lockeren Umgang mit Geld. Tatsache ist, dass Schikaneder bereits eine klare Vorstellung vom Aufbau dieser Oper hatte. Er wollte die Freimaurerwerte in eine Geschichte verpacken. Mozart machte mit, die Oper wurde am 30.September 1791 uraufgeführt. Schikaneder schrieb nach der Aufführung, es sei ein strahlender Triumph gewesen. Doch Mozart meinte dazu bescheidener: «Es gab stillen Beifall.» Der Siegeszug durch alle Konzertsäle der Welt begann erst allmählich, ist aber bis heute nie abgeebbt. Den Menschen damals war die Thematik der Freimauererwerte zu ernsthaft, sie waren an lustigere Possenspiele gewöhnt.
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791)
Es gibt kaum einen Komponisten, über den mehr geschrieben wurde als über Wolfgang Amadeus Mozart. Schon in zartem Alter von sechs Jahren war er – zusammen mit seiner zehnjährigen Schwester Nannerl – und dem Vater auf Konzertreisen. Dabei verdiente der Papa gar nicht schlecht, denn Kinder rühren ja die Herzen mehr als ausgewachsene Menschen. Man mag sich hierzulande heute eine solche Kindheit kaum vorstellen. Üben, üben, üben – und dabei immer auf Reisen. Auch wenn Mozart nur 35 Jahre alt wurde, so hat er doch ein fast unübersehbares Werk von 600 Werken komponiert, immer auf Texte von anderen Personen. In sozialer Hinsicht scheint er aber eher kindlich geblieben zu sein. Und um seinen Umgang mit Geld ranken sich unzählige Geschichten.
Freimaurersymbolik
Es ranken sich auch viele Gerüchte um die Freimaurerei, da vieles im Geheimen besprochen wird. Nichts soll nach aussen dringen. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität – das sind die Stichworte, denen Freimaurer nachleben. Politik und Religion sollen keine Diskussionsthemen sein, vielmehr geht es den Freimaurern um persönlichen Austausch, persönliche Weiterentwicklung und um «geistige Stimulation.» Mozart war, genau wie Schikaneder und auch Goethe, aktiver Freimaurer. Frankreich sowie Haiti haben drei wichtige Werte davon übernommen. Die Begriffe Liberté, Fraternité und Egalité (Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit) wurden 1791 in die französische Verfassung geschrieben und beschnitten damit die Macht von König und übrigem Adel.
Ein paar Zahlen
Die Uraufführung der Zauberflöte fand am 30. September 1791 im Theater auf der Wieden in Wien statt. Am 5. Dezember 1791 starb Mozart. In der Theatersaison 2012/13 gab es allein in Deutschland 479 Aufführungen dieser Oper. Und von 1990 – 2005 haben in Deutschland 6’547’000 Personen das Stück genossen. Auf verschiedenen Rangierungslisten der besten Komponisten aller Zeiten steht Mozart an erster Stelle, manchmal auch hinter Bach oder Beethoven. Bis heute gehören seine Werke zu den Lieblingsstücken des Klassik-Publikums. Auch Goethe beschäftigte sich zwischen 1795 – 1801 mit einem Zauberflötenprojekt. Kleine Nebenbemerkung: 1991 wurde in Erinnerung an «200 Jahre Zauberflöte» der Asteroid 14’877 auf eben diesen Namen getauft.
Es heisst, dass Mozarts Familie einen Käfigvogel gehalten habe, der schon bald das Klavierkonzert KV 453 nachpfeifen konnte. Als der Vogel starb, wurde dieser verbürgterweise wie ein Mensch feierlich und in majestätischer Kleidung von der Mozartfamilie zu Grabe getragen.
Dialog mit Mozart
Schikaneder eröffnete also Mozart seine Ideen zu einem grossen Werk. Dabei gehe es immer um Dualität, das heisst die zwei Seiten einer Medaille, dargestellt durch verschiedene Charaktere. Gut und Böse, Geist und Natur sollten zum Zug kommen. Und weil ja Freimaurerwerte tragende Elemente dieser Oper werden sollten, man aber nichts aus den Logen ausplaudern durfte, sollte alles in eine Art Märchen verpackt werden. Dabei sollte Papageno das irdische Prinzip, eine Art Hanswurst, darstellen. Schikaneder wollte dabei alles sein: Regisseur, Darsteller und Intendant. Es sollte ein grosses Spektakel werden. Gesamthaft durfte das 5000 Gulden kosten. «Du vertonst alles, Mozart», meinte er zum Schluss.
Das Ergebnis
Das Edes-Ensemble bot mit seinen «nur» drei Instrumenten eine beeindruckende Darbietung. Alle Mitglieder sind sehr gut ausgebildete, seit vielen Jahren der Musik verpflichtete Persönlichkeiten.
Jede Stimme hatte immer wieder mal eine eigene Melodienführung, sodass man die Singstimme immer gut heraushörte. Viele der Arien aus der Zauberflöte sind eigentliche Ohrwürmer. Der Klavierkabarettist Bodo Wartke hat aus der Arie «Der Vogelfänger bin ich ja» eine witzige Version kreiert, sogar mit Publikumsbeteiligung. Hat man diese einmal gehört, dann hat man die Melodie tagelang im Ohr.
Die Flöte bestach durch einen klaren, jubelnden Klang, der aber in Moll-Sequenzen auch gedämpft zu vernehmen war. Und natürlich tirilierte er bei der Arie des Vogelfängers, man sah das Vöglein direkt auf den Achseln des Flötenspielers sitzen. Die Gitarre – schön in der Mitte platziert – hielt das Ganze zusammen. Sie füllte den Raum zwischen den beiden andern Instrumentenstimmen.
Das Cello durfte – wie die Flöte – oft die Singmelodie einer Arie spielen. Der Cello-Klang steht der menschlichen Stimme recht nahe. Innerlich sangen bestimmt etliche aus der Zuhörerschaft jeweils mit. «In diesen heil’gen Hallen», fast wie ein Choral tönend, gehört, wie auch «Dies Bildnis ist bezaubernd schön» oder andere Arien zu den bekanntesten klassischen Kompositionen. Herzzerreissend etwa die Arie «Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich», man schmolz schon beim Zuhören fast dahin.
Zu jeder Arie gab Schikaneder – alias Matthias Peter – eine kurze Einführung.
Mit einem Blumenstrauss bedankten sich Vorstandsmitglieder beim Edes-Ensemble und Theaterspieler Schikaneder, dazu spendete das Publikum einen langanhaltenden Applaus.
Diesmal hatte man die Oper vom Anfang her erleben dürfen, quasi in ihr Innenleben schauen können. Und auch diesmal hatte wieder das Gute über das Dunkle, Böse gesiegt. Wie schön wäre es, gäbe es im richtigen Leben so ein Zauberflöte, die alle Konflikte in Minne beenden könnte, gerade in der heutigen Zeit mit den vielen Kriegen und dem dadurch verursachten riesigen Flüchtlingselend…
Auch auf Uzwil24 kann ein Artikel über das Konzert nachgelesen werden.
Wer gerne mehr über Musiker oder Musikerinnen erfahren möchte, kann mit dem Buch Tasten, Töne und Tumulte– Alles, was Sie über Musik nicht wissen» Abhilfe schaffen. Es ist allerdings kein eigentliches Lesebuch, sondern eine Art Nachschlagewerk, mit vielen Anekdoten und Zusammenhängen, aber auch über Aufführungen, die in Tumulten endeten, über Liebesglück und Liebesleid. Sehr lehrreich und amüsant zu lesen. Das Buch ist allerdings mit seinen 1’165 Seiten nicht unbedingt eine Nachttischlektüre…
Nächstes Konzert des Konzertzyklus Uzwil: Sonntag, 12. Januar 2025, 17:00 Uhr:
Trio Dreiklang, Harfe und 2 Querflöten Kath. Kirche Oberbüren
Schon im November 2022 hatte das das Oberuzwiler Publikum eine spannende Zauberflöten-Aufführung geniessen dürfen, damals von der Donnerstagsgesellschaft Oberuzwil organisiert.