Maibaumfest ohne Fest…
Die CORONA-Vorschriften machten dem kreativen Männerchor Frohsinn Oberuzwil auch dieses Jahr einen dicken Strich durch die Rechnung. Und doch wollte der Verein allen Widrigkeiten zum Trotz den geschmückten Baum auch dieses Jahr auf dem Dorfplatz platzieren.
Die Wetterkundigen von Radio und Fernsehen hatten bereits zu Beginn der Woche von „Dauerregen“ zu am ersten Mai-Samstag gesprochen. Ganz so schlimm wurde es dann zum Glück doch nicht, wenn man sich auch am Morgen an einem Novembertag wähnte, waberten doch zünftige Nebelschwaden vom Eppenberg herunter. Glücklicherweise hielt das Wetter bis zum Schluss der kleinen Feier auf dem Dorfplatz. Doch kaum war das letzte Föteli geschossen worden, begann es zu tröpfeln – und hörte als Dauerregen den ganzen restlichen Tag nicht mehr auf. Ein Sänger meinte dazu: „Wenn Engel feiern…“
Eigenartige Prozession
Auf dem Weg zum Dorfplatz war auf der Oberuzwiler Flawilerstrasse kurz vor zwei Uhr mittags eine ganz spezielle Prozession zu beobachten. Männer in Toggenburger Sonntagstrachten und zwei Frauen, ebenfalls in reichgeschmückter Tracht, marschierten auf dem Trottoir Richtung Dorf. Vorneweg lenkten zwei Männer einen riesigen Schuh auf einer Art Leiterwagen ohne Aufsatz und brauchten offensichtlich ziemlich Kraft, um das Gefährt auf der abschüssigen Strasse bremsen zu können. Was das wohl zu bedeuten hatte?
Tradition festigen
Wäre alles normal gelaufen, hätte der Männerchor Frohsinn dieses Jahr seinen Maibaum zum fünften Mal auf dem Dorfplatz aufstellen können. Doch letztes Jahr fiel der Anlass wegen des damaligen Lockdowns völlig aus. Und auch in diesem Jahr gab es grosse Einschränkungen. So durfte wieder nicht gesungen werden, eine Linedance-Gruppe fehlte, ein Umtrunk oder gar ein Fest war nicht erlaubt. Die Gärtnerei Nützi hatte für den Baum einen starken, mit Gewichten belasteten Baumständer mitten auf den Dorfplatz vor der Katharinen-Kapelle hingestellt.
Schauspiel „Baum aufstellen“
Philipp Alder, im Verein für den Kontakt zur Presse zuständig, behielt die Fäden für ein unfallfreies Aufstellen des Baums in seinen Händen. Mit dem Aufruf: „Männer an den Baum“ begann die Aktion. Jeder Griff sass, auch wenn es keine Jünglinge waren, die sich damit beschäftigten, denn im Männerchor singen vorwiegend eher gestandene Männer. Die Männer ähnelten mit ihrer Kleidung geheimnisvollen Bergtrollen oder Bergbauarbeitern. Unter dem grossen Filzhut und der Maske verschwommen die einzelnen Gesichter zu einer Art fleissiger Heinzelmännchen.
Mit Seilen wurde dem Baum der richtige „Dreh“ gegeben, es gab kein Hasten, sondern ein sorgfältiges Vorgehen. Es brauchte denn auch etwas Zeit, bis der Baum, dessen Spitze ein frisch geschlagenes Aufrichtebäumchen krönte, mit vereinten Kräften sturmsicher befestigt war. Nun ertönte „Baum steht!“, was mit Applaus bedacht wurde. Die Seile wurden mit vielfachen Drehungen sorgfältig heruntergeholt, die Absperrbänder wieder zusammengeräumt.
Ursprung des Maibaums
In Bayern, – wo Trachten und Musikvereine, aber auch allerlei spannende Bräuche noch heute eine grosse Tradition haben – aber auch in andern Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in ländlichen Teilen Österreichs und ganz besonders im Hohen Norden – hier an Mittsommer – wird der Brauch des Maibaums seit Jahrhunderten gepflegt. Ursprünglich wollten damit junge Männer ihre Herzdamen erobern, indem solche Bäume vor dem Haus der Angebeteten aufgestellt wurden. Manche Burschenvereine machten sich immer auch einen Sport daraus, an öffentlichen Plätzen aufgestellte Maibäume zu stehlen. In manchen Dörfern wurden die Maibäume deshalb vor dem Fest jeweils rund um die Uhr bewacht.
Vielerorts entstand ein ausgefeiltes Regelwerk, wie man mit solchen Diebstählen umgehen solle. Verpönt war es allerdings, die Polizei einzuschalten. Vielmehr sollten die jungen Damen oder die aufstellenden Vereine einen gestohlenen Maibaum mit einer entsprechenden „Zahlung“ wieder auslösen. Das konnte ein Kasten Bier oder – im besten Falle – auch ein Kuss und somit ein Versprechen sein. In Oberuzwil ist bis heute allerdings nichts von einem Maibaum-Diebstahl bekannt… Dafür hängt am Baum ein Code, welcher mittels Smartphone gescannt werden kann. Darin sind Wettbewerbsfragen versteckt, deren Lösung bis weit in den Monat Mai hinein an den Männerchor gesandt werden kann. Der Verein hofft auf regen Zuspruch.
Zusammenhalt
Im Konzept der Maibaumfeier steht: „Zusammengehörigkeit von Männern stärken.“ Der Verein ist immer wieder bestrebt, sein Wirken auch an die Öffentlichkeit zu tragen. Seit Jahren gibt es dafür auch das in zweijährigem Turnus stattfindende Tonfenster. An diesem besonderen Sonntag können sich einheimische Vereine aus dem musikalischen Bereich einem „geneigten Publikum“ vorstellen, die eigenen Fans begeistern und sich damit bekannt machen. Ein Verein dient in erster Linie einem gemeinsam ausgeübten Hobby, fördert aber auch das gesellige Beieinandersein, welches gerade in der heutigen, von digitalen Medien sehr beherrschten Zeit besonders wichtig ist.
100 Jahre Jodelclub Uzwil
Der Jodelclub Uzwil hat das grosse Pech, seinen 100. Geburtstag ausgerechnet in dieser von der Pandemie beherrschten Zeit zu feiern. Das informative Prorammheft listet unzählige Anlässe auf, welche das Jubiläumsjahr bieten möchte. Hier sind auch alle Sponsoren und Sponsorinnen aufgelistet. Noch ist ungewiss, ob auch alles durchgeführt werden kann. Es lohnt sich deshalb, immer mal wieder einen Blick auf die sehr ansprechend gestaltete Homepage zu werfen. Sie wird von Präsident Stefan Hobi ständig aktualisiert.
Stefan Hobi durfte einen ganz speziellen Geschenkkorb für seinen Club entgegennehmen.
Freundschaftliche Bande
Singen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Dieses schöne Hobby, ob als Männerchor oder Jodlerclub ausgeübt, verbindet Menschen zu gemeinsamem Tun. Man muss sich in eine Gruppe einfinden, kann nicht einfach einen eigenen Weg mit persönlicher Melodienführung einschlagen. Singen belebt, Singen kann sogar glücklich machen, lässt alle Sorgen vergessen und bereitet erst noch einem interessierten Publikum Freude. Männerchorpräsident Thomas Künzle pries denn auch die langjährige Freundschaft mit dem Jodlerclub und gratulierte dem Verein zum runden Geburtstag. Er erinnerte an die Zeit vor 100 Jahren, als der Jodlerclub exakt nach der Spanischen Grippe in schwieriger wirtschaftlicher Situation gegründet worden war und wies auf die Wichtigkeit von Vereinen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hin. Den Jodlern wünschte er weiterhin ganz viel Freude an ihrem beglückenden Hobby.
Nach der kurzen – leider von Verkehrslärm etwas gestörten – Rede trugen zwei Männerchörler einen augenscheinlich schweren Korb mit geheimnisvollen Geschenken über den Dorfplatz und überreichten diesen Vereinspräsident Stefan Hobi, stellvertretend für alle Jodler. Gerührt bedankte sich dieser für diese schöne Geste und lud die Anwesenden ein, den Verein doch noch bis zum neuen Standort des Jodlerschuhs zu begleiten.
Auf grossem Fuss…
Die Jodler haben mit ihrem von zwei Jodlern selbst hergestellten Riesenschuh beste Werbung für ihren Verein gemacht. Das Motto: „Zämestoh, singe und schöö ha“ zeugt von einer gutgelebten Vereinskultur. Wer singt, schwingt im Einklang mit dem ganzen Chor, denn erst dies gibt einen stimmigen, harmonischen Chorklang. Hatte der Schuh seit Anfang Jahr auf einer Wiese vor dem Bahnhof Uzwil Gastrecht bekommen, macht er nun vor der Clientis Bank AG in Oberuzwil unübersehbar auf das Jubiläum aufmerksam. 100 Jahre ist für einen Verein ein stolzes Alter, auch wenn der Männerchor seinerseits gar noch ein gutes Stück älter ist. Er wird im Jahr 2038 nämlich bereits 200 Jahre alt!
Nicht vergessen werden sollte, dass verschiedene Stiftungen, Gewerbebetriebe und Private aus der Region solche Aktivitäten immer wieder grosszügig finanziell unterstützen. Dies trägt ebenfalls zu einem guten gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.