Mehr – nicht weniger Weniger Egli“!
2. „Kulturkino“-Abend im Kino City Uzwil
Das Kino City in Uzwil hat seinen Namen zu Recht, liegt es doch wirklich mitten in der „City“. „Kulturbär“ Christoph Baer will nun diesen Ort für Kulturangebote zu nutzen und damit eine Win-Win-Situation schaffen. Das Kino in Uzwil bleibt so einerseits trotz unzähliger anderer Vergnügungsangebote im Bewusstsein der Bevölkerung, andrerseits wird den
Menschen in der Region ein toller, bereichernder Abend geschenkt. Nach Manuel Reiter im Februar begeisterten nun am zweiten Abend Daniel Egli und Wolfgang Weniger als „Weniger Egli“ auf der Kino-City-Bühne. Feine Häppchen runden diese Angebote ab.
Kultur als Kitt für die Gesellschaft
Die Verantwortlichen der Gemeinde Uzwil haben es erkannt: Kultur gehört zu einer funktionierenden Gesellschaft. Und so haben sie für dieses Anliegen einen Kulturmanager engagiert, den in Oberuzwil aufgewachsenen Christoph Baer. Was könnte für diesen Mann besser passen als der Name „Kulturbär“? Seit dem 1. September ist er Anlaufstelle und „Denkfabrik“ für kulturelle Anlässe in Uzwil. Es hat sich schon Einiges getan. Ende April 2016 findet auf der Uzwiler Bahnhofstrasse ein ganz besonderer Frühlingsmarkt mit vielen spannenden Aktionen – auch für Kinder – statt. Der Kulturbär hilft auch allen, die einen eigenen Anlass durchführen wollen, aber vielleicht zu wenig versiert sind, worauf man bei einem grösseren „Event“ alles achten muss.
Es lohnt sich, die Homepage des Uzwiler Kulturbärs zu studieren und sich daraus ein eigenes „Kulturprogramm“ zusammenzustellen.
Kulturkino
Ein neulanciertes Projekt ist auch das „Kulturkino“ im altehrwürdigen Uzwiler Kino City. Gedacht ist das Angebot als Plattform für regionale Künstler und Künstlerinnen. Im Hinterkopf schwingt dabei auch immer das Vorhaben mit, das Zentrum aufzuwerten und mehr mit Leben zu füllen. Dazu muss man jedoch Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Die geplanten Anlässe im zentral gelegenen Kino bieten dazu eine gute Voraussetzung. In den weichen Plüschsesseln des Kinos sitzt man äusserst bequem und gemütlich. Die technischen Möglichkeiten sind in jeder Hinsicht vorhanden. Und die überschaubare Anzahl Sitzplätze garantiert, dass die Atmosphäre immer familiär bleiben wird. Feine Häppchen und ein Live-Auftritt von Gästen, die etwas zu sagen haben, passen in so eine Umgebung. Dabei sollen von Kabarett oder Comedy bis hin zu Theater, Poetry-Slams oder auch Konzerten Auftritte verschiedenster Art zum Zug kommen.
Weniger Egli
Schon mit dem Bandnamen könnte eine eigene Nummer geschrieben werden. Und zu einem Kulturbär passt ja ein Egli sowieso nicht schlecht. Was aber „weniger“ sein soll? „Weniger“ Egli in unseren Bächen? „Weniger“ Satire in ihren Texten? „Weniger“ Publikum? Nein, wenn schon, dann eher mehr „Weniger Egli“. Die beiden unverwüstlichen Rocker aus dem fernen, fernen Flawil gaben erst einmal zu, dass sie genau aus diesem Ort kämen. Und Uzwil liege irgendwo zwischen „Flawil und Buenos Aires“, also auch weit weg. Doch ihr Programm drehte sich dann vielfach um Lokales, Menschliches und allzu Menschliches.
Ihre Hommage an Uzwil geriet zu einer Art Hohelied auf die hiesigen Menschen. Schönere Frauen als in Flawil seien hier zu sehen, dazu kräftigere, gesündere Männer, und das Wasserspiel am Bahnhof sei Höchstklasse. Bevor die Schmeicheleien selbst den Geschmeichelten zu viel wurden, verrieten die Künstler, ohne auch nur rot zu werden, dass man halt mit „Schleimen“ besser „döre“ komme…
Kindern keinen Quatsch angeben
Ja, woher kämen denn auch all die Flurnamen wie „Rehwald“ oder „Hirschberg“, wenn man doch wisse, dass es die besagten Tiere dort kaum gebe. Da sei „Hundwil“ wenigstens ehrlich, weil… Auch die Umkehr der Wertigkeit gewisser Begriffe kam zum Zug. Was einmal gut, ja vorbildlich gewesen sei, könne plötzlich „böse und verwerflich“ werden oder eine ganz neue Bedeutung bekommen. Man denke nur an „Handy“, früher ein simples Abwaschmittel, heute ein Ding, das sich viele Leute ständig vor die Nase hielten und hineinschwatzten. „Fräulein“ beispielsweise gebe es gar nicht mehr, das Wort sei jetzt im Wörterhimmel. Und so ging es weiter mit Problemstellungen, die einem erst nach diesem Abend überhaupt als solche aufgefallen waren…
Eingängige Melodien
Das Programm von „Weniger Egli“ könnte auch jemand ohne jegliche Deutschkenntnisse besuchen. Die Männer können nämlich wirklich singen! Und sie sind auch an den – akustischen, welche Freude! – Gitarren eine Wucht. Schon das Zuschauen macht Freude, das Hinaus- und Hinunterjagen auf den Saiten, die abwechslungsreiche Gestaltung der Begleitung, aber noch viel mehr an Unterhaltungswert gibt die Mimik her. Alles tönt harmonisch, eingängig, doch wenn man die Texte hört, ist es mit der Harmonie oft nicht mehr weit her. Schliesslich sind die Beiden ja Musikkabarettisten, da gehört ein kritisches Wort zur rechten Zeit auf jeden Fall dazu.
Tücken der Technik
Nein, es gab keine Pannen während ihrer Vorstellung. Aber die Männer sangen und erzählten von den Tücken, welchen man als digital vernetzter Mensch ausgesetzt sei. Nur schon all die verflixten Passwörter! Davon können wohl viele ein Lied singen. Da hat doch einer einfach das des Nachbarn genommen, welche Frechheit! Blitzschnell nahmen sie darauf einen Schlenker zum Thema Gesundheit. Eine eigentliche Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen von Kaffee, Weingenuss, Schule mit all ihren Änderungen folgte. Vorschlag des Duos: „Ändert doch euch selber!“ Am Schluss wurde es richtig makaber, als die verschiedenen Möglichkeiten der Bestattungsrituale vorgestellt wurden.
Das Kind im Manne
In dieser Sparte kennen sich die beiden Herren – im bürgerlichen Beruf paragrafentreue Richter – anscheinend sehr gut aus. Sie verfielen plötzlich in wehmütige Stimmung, dachten an all das Schöne ihrer Kindheit, bis sich Weniger eine Indianerfeder ins Haar steckte. Es sei alles sooo negativ! Egli tröstete mit: „Die Wirtschaft fasst wieder Tritt!“ Das ständige Vergleichen im Alltag – Wer hat die gescheiteren Kinder? Wer die schönere Frau, das grössere Auto? – endete mit der lebenswichtigen Frage: „Wo komme ich schneller durch die Kasse?“ Diese Nummer erinnerte etwas an Joachim Rittmeyers Sketch an der Kasse mit dem „Trennstab“ und dem „Hintermann“.
Auch John Wayne kam ins Spiel. Da schossen Weniger plötzlich die schlimmsten Gewehrsalven aus dem Mund, die Gitarren kamen ins Galoppieren, und – klar! – die schönsten Frauen pflegten danach den verletzten John Wayne. Und weil ein Verletzter kein richtiger Held mehr ist, musste jetzt James Bond her, der rettet ja bekanntlich die Welt – und bekommt seinerseits die schönsten Frauen. Richtige Männerträume halt…
Umweltanliegen
Doch lange hielt das nicht an. Schon kamen wieder ernste Gedanken auf. Im äusserst bedenkenswerten Lied „Gott sei Dank wächst unsere Erde nach“ hielten sie der Konsumgesellschaft einen Spiegel vor. Wenn auch ganz viel Abfall, vor allem Plastik, im Meer landet – kein Problem! Es wächst ja ein neues nach. Ja, am Schluss wird gar ein neuer Kontinent alle Probleme lösen. Ein schönes Märchen, hintergründig und mahnend – und leider so wahr! Und leider auch eine Aufgabe für alle, es nicht so weit kommen zu lassen…
Rockerlust
Und dann der absolute Höhepunkt! Dafür musste aber Weniger erst aus einer Tasche die richtigen Utensilien – nicht allzu moderne BHs – verteilen. Schliesslich sollten diese nach dem Rockersong wieder auf die Bühne fliegen, das war doch früher an Rockkonzerten so der Fall gewesen. Sogar auf die Estrade flogen ein paar dieser Dinger. Weniger Egli begannen zu rocken, das Publikum zu klatschen, es wurde immer wilder und wilder – und am Schluss war der Bühnenboden mit den hingeworfenen Kleiderstücken übersät. Im Lied selber ging es zwar nur um einen Bären, welcher von Konstanz her komme. Doch die Musik rockte, und wie! Das Publikum machte mit, im Kinosaal stieg die Hitze bis zum donnernden Schlussapplaus.
Abgesang auf Zughalte
Als Zugabe sprachen die Beiden mit einem Lied zur Bahnpolitik dem Publikum aus der Seele. Die SBB habe beschlossen, die Züge nicht mehr in Flawil oder Uzwil anhalten zu lassen, damit diese umso schneller Zürich erreichten. Doch irgendwann gebe es auch kein Zeitfenster mehr für einen Halt in Zürich, am Schluss sause der Zug dann halt im Weltall herum.
Und weil das Publikum noch immer nicht genug hatte, schlossen die beiden Musikkabarettisten mit einem sanften, kurzen Lied zur Sprachlosigkeit und Einsamkeit in einer langweiligen Zweierkiste. All dies in schönster Melodienharmonie und mit tollem Gitarrenspiel. Die Reise vom fernen Flawil ins unbekannte Uzwil hatte sich auf jeden Fall gelohnt, denn das hiesige Publikum war vom Gebotenen restlos begeistert.
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