Schönheit als Seelennahrung
Wenn im Alltag vieles Grau und von Unwägbarkeiten geprägt ist, braucht es ein Gegenmittel. Die GALERIE AM GLEIS in Uzwil – in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof, was diesen Namen absolut rechtfertigt – hat mit ihrer Ausstellung kürzlich einen wahren Augenschmaus geboten und damit Farbe ins Leben gebracht.
Nichtsahnend habe ich am Sonntag, 15. November 2020, bei allerschönstem Sonnenschein einen Spaziergang zur Galerie gemacht mit der Absicht, ein paar Bilder von aussen zu knipsen und als Bildergalerie zum Anschauen auf meine Homepage zu legen. Zu meiner grossen Verblüffung war die Galerie aber offen – ein Blick auf die Ausstellungsdaten zeigte mir: Finissage! Mit Maske trat ich deshalb in den lichtdurchfluteten Ausstellungsraum ein und liess mich von Farben und Formen verzaubern.
Ausstellung „Sein & Stein“ in der Galerie am Gleis, Bahnhofstrasse 77, Uzwil Marlies Gemperle: Acrylbilder und Ikonentechnik Norbert Rechsteiner: Skulpturen Ausstellung: 24. Oktober bis 15. November 2020 Vernissage: 24. Oktober 2020, 16.00 Uhr Finissage: 15. November 2020, 14.00 – 17.00 Uhr Bitte beachten Sie die Massnahmen zum Schutze vor COVID-19 |
Sein und Stein
Schon der Titel mutet recht philosophisch an. Im Gespräch mit den beiden ausstellenden Persönlichkeiten Marlies Gemperle – Bilder – und Norbert Rechsteiner – Skulpturen aus Stein – bekam der Ausstellungsname klarere Konturen. Kennengelernt haben sich die beiden kreativen Persönlichkeiten an einer CREATIVA, einer Ausstellung für künstlerisch tätige Menschen aus der Umgebung von Oberuzwil. Auf Hallowil hat Josef Bischof einen eindrücklichen Artikel zur Vernissage der jetzigen Ausstellung geschrieben. Vernissage Sein und Stein auf Hallowil
Sein
Marlies Gemperle liebt die Natur. Die Nähe zu einem See oder Weiher hat es ihr besonders angetan. Sie liebt die verschiedenen Grüntöne, die sich im Wasser spiegeln und sich im Laufe der Jahreszeiten immer wieder ändern. Grün passt besonders gut zum ersten Teil ihres Ausstellungsmottos: WERDEN, SEIN, VERGEHEN oder auch KNOSPEN, BLÜHEN, VERWELKEN. Wasser verlangt jedoch auch nach Blautönen. Ihre Lieblingsfarbe sei aktuell Türkis in allen Schattierungen.
Aber beim Rundgang vorbei an den äusserst sorgfältig gruppierten Bildern bekommt auch Rot einen prominenten Platz. Manches Bild hat auch bereits einen roten Punkt, ist also reserviert.
Zeichnen war Marlies Gemperle schon als Kind ein grosses Bedürfnis. Im Erwachsenenalter hat sie sich dann im Kurs für Gestaltung in St.Gallen richtig in die Malerei vertieft. An der Volkshochschule Wil hat sie sich ständig weiterentwickelt, macht im Kunstkreis Wil mit. Sie mischt sich ihre Farben mit Pigmenten selber, experimentiert und freut sich über neue Zwischentöne. Sie hat unterdessen eigene Techniken entwickelt, so beispielswese eine Art Schichtmalerei mit Goldtönen. Diese Schichten werden immer wieder geschliffen, bis eine feingeglättete Oberfläche mit Tiefenwirkung im Stile von Ikonenmalerei entsteht. Es sind kleine, feine Kunstwerke, denen man kaum ansieht, wie viel Arbeit und Können dahintersteckt. Marlies Gemperle Kunstkreis Wil
Ihr Atelier nennt die Künstlerin „Atelier GemPerle“, was einerseits ihren Familiennamen aufnimmt, andrerseits aber auch auf Edelsteine – englisch GEM – hinweist. Und Perlen sind schliesslich all ihre Bilder. Seit dem Tod ihres Mannes gehört auch Singen zu den grossen Leidenschaften von Marlies Gemperle. Sie singt im GOOD-NEWS-Chor und ist dessen Vizepräsidentin. GOOD NEWS CHOR
Stein
Auch Norbert Rechsteiner schleift seine Kunstwerke, bis eine ganz feine, glänzende Oberfläche entsteht. Doch erst entwickelt er innerlich eine Vorstellung, was aus einem Rohling werden könnte. Er mag es, im Tessin herumzustreifen, vorwiegend im Maggiatal, und fast so, wie ein Trüffelsucher nach feinen Delikatessen sucht, nach passenden Steinbrocken zu fahnden. Sehr gern arbeitet er mit Marmor oder auch Speckstein. Bevor die Bildhauerarbeit beginnt, fertigt er sich ein Modell an.
Rechsteiner ist von der Maserung seiner Rohlinge fasziniert, arbeitet lange an einer Skulptur, bis sich die Innenwelt des Steins öffnet. So ganz leicht gibt der Stein sein Inneres allerdings nicht frei, es braucht ganz viel Geduld und Können, bis das geplante Objekt Form annimmt.
Solitaire
Fliessende Formen, feingeschliffene Oberflächen – die den Wunsch nach Berührung wecken – und unterschiedliche Materialien wie Steatit – auch Speckstein genannt – oder Marmor bieten dem Auge immer wieder neue Anreize zum vertieften Schauen. Interessant sind auch die Namen, die der Mann seinen Objekten gegeben hat. So heisst es etwa FISCHKOPF oder auch QUARANTÄNE – in diesen Zeiten kein unbekannter Begriff – oder auch Ohnmacht der Natur oder WUNDERBARE ERFAHRUNG. Auch weibliche Körperformen inspirieren Norbert Rechsteiner, meist als Torso ausgestaltet. Da verbinden sich Wort und Objekt zu einem untrennbaren Ganzen. Als ehemaliger Bähnler hat er auf der Homepage namens RAIL-ART einen Platz für Bilder seiner Skulpturen bekommen. Skulpturen Norbert Rechsteiner
Auch auf Uzwil 24 kann ein Bericht über die Ausstellung nachgelesen werden.