Sina mit ihrem Programm EMMA in der Alten Gerbi Oberuzwil
Der Name SINA – bürgerlicher Name: Ursula Bellwald – ist in der Schweiz eine Marke, ein sogenannter „Brand“ – man weiss sofort, wer damit gemeint ist. Seit 25 Jahren ist die Walliserin als Sängerin von Liedern über alltägliche Gefühlslagen nun schon unterwegs. Gerade im vergangenen Februar hat sie den Music Award in der Sparte OUTSTANDING ACHIEVEMENT AWARD für 25 Jahre Musikerin eigener Prägung bekommen. Kurzes SRF-Porträt von SINA Swiss Music Award für Sina
Kulturlokal „Alti Gerbi“
Dem initiativen Gerbi-Stiftungsrat ist es doch tatsächlich gelungen, die tolle Sängerin und Unterhalterin – heute müsste man eigentlich „Entertainerin“ sagen – für ein Konzert auf ihrer zu Ende gehenden EMMA-Tournee zu verpflichten. Obwohl an diesem letzten Novembertag rund herum ebenfalls spannende Anlässe um Gäste warben, genossen doch mehr als 250 Personen das Konzert im Kulturlokal „Alti Gerbi“. Der Abend zeigte einmal mehr, wie unverzichtbar dieses Kulturhaus für die einheimische Bevölkerung ist. Alti Gerbi Oberuzwil
Da und dort liessen auswärtige Gäste zu Beginn in kleinem Kreise etwas verschämt verlauten, sie hätten das Lokal fast nicht gefunden. Ob da wohl Hinweisschilder an der Strasse Abhilfe schaffen könnten?
Stiftungsratspräsident Fredy Willi hiess alle Gäste herzlich willkommen. Das ganze Gerbi-Team freute sich, dem Publikum einen unvergesslichen Abend bieten zu können.
Ohne Technik geht nichts
Beim Eintritt in das Kulturlokal fielen mitten im Raum mehrere grosse Maschinen mit vielen, vielen Hebeln auf, drei für die Lichtgestaltung, zwei für den Sound. Als Laie staunt man über so viel Technik. Aber wer über so viele Jahre als Musikerin auftritt, weiss um die Tücken der Akustik in manchen – gerade auch kleineren – Räumen. Vieles ist auf den Apparaten schon vorprogrammiert, aber es braucht dennoch Menschen an den Mischpulten. Aufmerksamkeit und schnelle Reaktionszeit gehören zu den Grundvoraussetzungen solcher Persönlichkeiten. Auf der Bühne lagen zudem Effektpedale, um den Gitarren je nach Musikart und Gefühlslage einen unterschiedlichen Klang entlocken zu können. Eine kleine Irritation zu Beginn des Konzerts konnte schnell behoben werden. Die Tonmischung stimmte, auch die Lichteffekte setzten immer an den richtigen Stellen ein.
Eingespieltes Musikerteam
Natürlich trat Sina nicht allein auf. Schon die reichhaltige Instrumentensammlung auf der noch leeren Bühne liess auf ein auch klanglich vielseitiges Konzert hoffen. Gregor Heini an der Gitarre, Matthias Kräutli am Schlagwerk – manchen vielleicht auch bekannt als langjähriger Schlagzeuger in der Band des Stadttheaters St.Gallen – , aber auch Jean-Pierre von Dach an der Gitarre gehören zur SINA-Band, dazu Michael Chylewski am E-Bass sowie am Kontrabass. Sie spielten mit einer Spielfreude, die das Publikum zum Wippen und zum begeisterten Applaudieren brachten. Immer mal wieder bildeten einzelne der Instrumentalisten auch den Hintergrundchor, es gab auch vereinzelte Duette mit Sina. Aber zum Publikum gesprochen hat keiner dieser Männer auch nur ein Wort. Sina war die unangefochtene Herrscherin der Bühne. Kein Wunder, hat sie doch dank Talent, Hartnäckigkeit und der Zusammenarbeit mit vielen einheimischen Künstlern wie Polo Hofer oder Adrian Stern, aber auch Frauen wie Milena Moser oder auch Sybille Berg schon längst ihren eigenen Stil gefunden, den ihre Band auf gekonnte Weise unterstützt.
Michael Chylewski Matthias Kräutli Gregor Heini
EMMA – Hommage an die eigene Grossmutter
Emma, dieser Name, der heute wieder so en vogue ist, galt früher für Grossmütter. Und Sina scheint eine solche Grossmutter namens Emma gehabt zu haben. Jedenfalls widmete sie dieser ein ganzes Album. Wer nie mehr verkochte Nudeln auftischen möchte, höre auf den Rat dieser klugen Frau: „Zwei Vaterunser beten, dann sind die Nudeln al dente.“ Man spürte im berührenden Lied EMMA eine tiefe Verbundenheit zu einer Frau, die der Sängerin in der Kindheit offensichtlich viel Geborgenheit und Verständnis entgegengebracht hatte. Tänzerische Elemente und eine spezielle Klangfarbe dank Kontrabass und Cello liessen das Lied zu einer Art Hymne für eine ganz besondere Frau werden.
Darbietungen mit Herzblut
In der recht vollen Gerbi-Halle sprang der Funke von Sina hin zum Publikum gleich zu Beginn über. Man spürte sofort, dass sich sowohl Musiker und Sängerin wie auch die lauschenden Gäste auf einen tollen gemeinsamen Abend freuten. Das Publikum verhielt sich während der Darbietungen denn auch mäuschenstill, Festzeltstimmung kam jeweils nur beim Applaus auf. Je nach Gefühlslage des gerade gesungenen Liedes veränderte sich Sinas Mimik. Von humorvollen Textzeilen bis hin zu ganz ernsthaften war alles dabei. Und rockige, fetzige Zwischenspiele der Band wechselten mit feinen, ja geradezu besinnlichen Zwischentönen ab.
Alltägliche Themen
Sinas Lieder handeln von Alltagssituationen. „Wenn nit jetzt, wänn dänn?“ könnte gar als Leitspruch für ein erfolgreiches Leben gelten. Und weil der Walliser Weisswein ein Kulturgut ist im Rhonetal, wird auch „En Halbu Wysse“ besungen. Ebenfalls ganz berührend das Lied „I süächä Dich“, eine Art lautes Denken über die persönliche Suche nach dem DU. Ich süächu Dich – Kein Wunder, sprechen Sinas Lieder die Menschen an, haben doch viele von ihnen den einen oder andern Gefühlszustand schon selber erlebt, treffen sich diese mit den persönlichen Sehnsüchten wie etwa dem Warten auf das Glück. Warte ufs Glick
Publikum singt mit
Für viele Musikfans ist ein Konzert dann besonders unvergesslich, wenn sie möglichst viele Lieder ihrer Lieblinge mitsingen können. So war es auch am Oberuzwiler Sina-Konzert. Man sah immer mal wieder bewegte Lippen, welche andächtig und recht zurückhaltend mitsangen. Den ganz grossen Publikums-Chor gab es jedoch, als Sina ihren grossen Hit „Där Sohn vom Pfarrär“ – von Polo Hofer in Dialekt übersetzt -, diesen Coversong von „A Son of a Preacher Man“ voller Energie und Emotionen vortrug, wie wenn dies das erste Mal wäre. Sina-Song Där Sohn vom Pfarrär Text zum Lied DR SOHN VOM PFARRER
„Wallissertytsch“ als Fremdsprache
Zwischen den Liedern plauderte Sina über Gott und die Welt. Sie sinnierte über das Alter, Falten im Gesicht oder auch darüber, wie sehr man doch mit 17 darauf brenne, endlich 18 zu werden, um „Steuern zahlen zu dürfen“, wie sie schelmisch anmerkte. Ihr schönes „Wallissertytsch“, welches für manche „Üsserschwyzer“ – also die übrigen Deutschschweizer – eine echte Herausforderung punkto Verständlichkeit sein kann, tönt schon gesprochen selber wie Musik. Hie und da kokettierte die Künstlerin auch mit einem Dialektausdruck und freute sich diebisch über die Fragezeichen in den Augen der Fans. Selbstverständlich gab sie danach auch Sprachnachhilfe. Man erfuhr von ihr auch Ratschläge zu einer erfolgreichen Partnersuche aus weiblicher Sicht. Wenn Frauen einen Partner suchen, muss er erstens „gut riechen“, zweitens „keine Angst vor Waschmaschinen“ haben und drittens fähig sein, mit dem Sackmesser ein Herz in ein Bänkli zu schneiden – was dann allerdings den Verkehrsverein wieder weniger freut.
Kluger Abschluss
Natürlich lässt man einen Stargast wie Sina nach dem offiziellen Programm nicht einfach so ziehen, da muss schon noch eine Zugabe sein. Doch erst bedankte sich Sina noch bei allen Verantwortlichen, die diesen Abend ermöglicht hatten. Danach wurde „Jetzt warti uf es Wunder“, eine Art Ode an einen Geliebten, zu einem schönen Schlusspunkt. Doch als die Gerbi-Gäste noch immer nicht genug hatten, machte es die Sängerin kurz: Sie sang etwas über ihre alte Nase, ganz a capella, ihre Band-Männer waren bereits verschwunden… Danach verkaufte und signierte sie LPs – Langspielplatten, also Liebhaberstücke – und CDs, dazu konnten noch ein paar blaue T-Shirts mit einem unübersehbaren Aufdruck zur Gleichstellung von Mann und Frau erworben werden. Beim Hinausgehen waren sich die Gäste einig: Der Abend hatte sich in jeder Hinsicht gelohnt.
Freudige Gesichter nach einem gelungenen Konzert: von links: Jean-Pierre von Dach, Gitarren; Matthias Kräutli am Schlagwerk; Sina; Michael Chylewski, Kontrabass und E-Bass sowie Gregor Heini, Gitarren.
Interview
Stiftungsratspräsident Fredy Willi hat der Sängerin vorgängig ein paar schriftliche Fragen gestellt. Er erfuhr dabei, dass Sina schon als Kind gewusst hatte, dass sie Sängerin werden wolle. Heute empfindet sie ihre Karriere wie einen Sechser im Lotto. Ihr Lebens-Leitspruch heisst: „Nä wiäs chunnt!“ Wütend machen sie Arroganz, Ignoranz und Besserwisserei. Auch Grenzüberschreitungen mag sie gar nicht, wenn diese bewusst begangen werden. Stolz ist sie auf jeden ihrer Songs, ganz besonders aber auf die Duette, die sie beispielsweise mit Bühne Huber – „i schwöru“ – oder mit Stefanie Heinzmann – „Zwingu di nit“ – gesungen hat. Sie schilderte auch, wie ein 10-minütiger Stromausfall zu einem a capella-Gesang – „unplugged“, wie man so schön sagt – mit dem Publikum führte, eine schöne Erinnerung für sie, auch wenn dieser Zwischenfall im ersten Augenblick schon zu einer zünftigen Pulserhöhung geführt habe. Und ganz persönlich verriet sie in diesem Interview auch, dass sie in einer Kochsendung von Andy Varonier gelernt habe, absolut perfekte Spitzbuben zu backen, sicher eine passende Horizonterweiterung, gerade jetzt in der Adventszeit…
Am Samstag, dem 7. Dezember 2019, kann bereits ein nächstes Konzert in der Alten Gerbi besucht werden. Dann wird LA BANDA D‘ADELINA mit ihren rätoromanischen Liedern – traditionelle, aber auch Eigenkompositionen – auftreten. Adelina Filli wird von drei tollen Musikern begleitet, nämlich Michele Croce mit seinen Klarinetten; Manfred Federer am Klavier und Maurizio Grillo am Schlagzeug. Der Anlass beginnt um 20:00 Uhr, die Abendkasse – es gibt keinen Vorverkauf – ist um 19:30 geöffnet, der Eintritt kostet Fr. 20.00.