Stimmgewalt an der „Serenade zu Ferienende“ in Oberuzwil
Dieser Anlass hat sich unterdessen tief in die Oberuzwiler Kulturseele eingebrannt. Am letzten Donnerstagabend geht man in den lauschigen Innenhof des Oberstufenzentrums Schützengarten und freut sich auf einen musikalischen Leckerbissen. So auch diesmal. Praktisch alle rund 200 aufgestellten Stühle wurden besetzt. Das Wetter liess nichts zu wünschen übrig, sodass die vorsorglich bereitgestellten Armeedecken kaum Beachtung fanden. Bis zum Ende des Konzerts war es angenehm warm. Und die Abenddämmerung senkte sich zu den Harmonien der a capella-Gruppe „tuningforks“ auf den Platz hernieder – allein schon dieses Schauspiel war ein Genuss.
Tuningforks
„Stimmgabel“ heisst der Bandname auf Deutsch. Und eine einzige Stimmgabel wurde auch dazu gebraucht, die einzelnen Stimmen der sieben Bandmitglieder sicher anklingen zu lassen. Erst gab es aus dem Off allerdings noch ein paar Verhaltensregeln an die Zuhörerschaft. So seien Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen verboten. Auch möge man es nicht, wenn Schlüpfer oder Ähnliches auf die Bühne geworfen würden. Man schätzte es zudem überhaupt nicht, wenn Plakate mit Texten in der Art von „Ich will ein Kind von dir“ die Sicht auf die Bühne verstellen würden.
Vermutlich hat sich der Ansager im Ort geirrt, denn Oberuzwil ist ein anständiges Dorf, in welchem solche verruchten Handlungen niemals vorkommen würden… Tuningforks – A cappella Die Männer singen seit zwanzig Jahren zusammen, allerdings kaum in der aktuellen Besetzung, denn da hätte wohl der eine oder andere Sänger schon im Kindergarten damit anfangen müssen. Ihre Stimmen harmonieren, man kann sich als Zuhörerin oder Zuhörer auch sehr gut vorstellen, dass ihre Probenabende nicht immer nur bierernst verlaufen. Hier kann die Band in Aktion erlebt werden… alors on danse – tuningforks
Eine kleine Hommage an die langjährige Gemeindeschreiberin Gabriela Hollenstein.
Seit es die Sommerserenade gibt, war Gabriela Hollenstein bei den Vorbereitungen für den Anlass an vorderster Stelle dabei. Dieses Jahr besuchte sie das Konzert aber als Privatperson, wurde sie doch auf Ende Juli 2022 pensioniert. Kulturkommissionspräsident Reto Almer rief sie aber doch nochmals vor die Bühne, überreichte ihr einen herrlichen Blumenstrauss und bedankte sich für die vielen Jahre ausgezeichneter Arbeit für die Gemeinde. So hat sie das Mitteilungsblatt der Gemeinde ganz von Anfang an gestaltet und viele eigene Fotos für die schönen Titelbilder beigesteuert. Mit einem herzlichen Applaus verdankte dies auch die Zuhörerschaft. Ihre Nachfolgerin ist Sandra Wagner, welche kürzlich in dieses Amt gewählt wurde. Sie stand denn auch an der Eingangsseite zum Anlass und begrüsste die Ankommenden mit einem freundlichen Lächeln. Sie wird künftig das Dorfblättli redaktionell und visuell gestalten.
Stimmgewalt
Nach einem bereits mächtig aufdrehenden Intro sangen die sieben Männer „No roots“ des deutschen Autorenpaars Alice Merton und Nicolas Rebscher. Das Lied handelt vom „Unverwurzeltsein“ und fand den Weg bis über den Teich in die USA. Alice Merton – No Roots Sofort fiel auf, wie körperbetont die doch sehr unterschiedlichen Männer ihr Programm darbieten. Da wurde über die Bühne gefetzt, gegangen, getänzelt und geschlendert. Die Hände waren ständig in Bewegung, trotz Mikrofon in der Hand.
Mit dem Text „Sowieso“ spendeten die Männer Menschen, denen es grad nicht so gut läuft, eine Art Trost, heisst es da doch: „Egal, was kommt, es wird gut sowieso…“ Der Text ist sehr auf Männer zugeschnitten, kommen darin doch auch Wörter wie „Bizeps“ oder „Tinnitus“ vor. Songtext von Mark Forster
Natürlich haben die Männer alle Lieder auf ihre Stimmen und ihre Art des Vortragens abgestimmt. Man spürte ganz viel Kraft. Vor der Pause kamen auf dem noch immer sonnenbeschienenen Platz ganz unterschiedliche Lieder zum Zug, abgeschlossen mit dem kraftvollen „Uptown“. Da war es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man den Text nicht genau verstand, waren doch etliche Derbheiten und frauenfeindliche Sprüche drin enthalten. Allerdings wäre das Repertoire wohl sehr viel ärmer, wenn man all diese Ausdrücke meiden wollte. Der Rap lebt nun mal vom Rhythmus, und den haben bestimmte Wörter einfach in sich…
Doch auch Technik
So ganz a capella war der Auftritt der Band dann aber doch nicht. Denn nebst den unterschiedlichen Singstimmen kam auch ein Impuls ab Band dazu. Anfänglich war die rhythmisierende Begleitung allerdings etwas gar laut, so dass der Text auf manchen Plätzen kaum zu verstehen war und da und dort Ohrstöpsel zum Einsatz kamen. Der Tontechniker betonte bei Nachfrage in der Pause, dass es eben eine grosse Herausforderung sei, überall den gleichen Hörgenuss vermitteln zu können, wenn man draussen auftrete. Er selber – ganz zuhinterst mit seinem Mischpult platziert – habe jedoch jedes einzelne Wort problemlos verstanden. Vermutlich kennt er allerdings den Text nach all den Jahren ja auch auswendig…
Nach der Apéro-Pause begann es mit der Hymne „Heaven Came Down“ dann etwas besinnlicher und ruhiger. Als „Blaui Peperoni“ – von Lo & Leduc – mit der erfreulichen Einsicht „Irgendöppis hani richtig gmacht“ erklang, durfte für einmal sogar das Publikum teilweise den Rhythmus vorgeben. Lo & Leduc – Blaui Peperoni
Die Männer lösten sich mit Solopartien ab, auch die Ansagen wurden immer wieder von jemand Anderem gemacht. Dabei kamen auch die Lachmuskeln nicht zu kurz. Aber ob man immer alles glauben durfte, was da verkündet wurde? Das Gerücht allerdings, dass alle Sänger mit einer zweiten Garnitur Unterwäsche und Oberbekleidung anreisen würden, schien äusserst glaubwürdig. Denn ihr körperbetontes Singen und Tanzen sah schon beim Zuschauen äusserst schweisstreibend aus.
Am Schluss bedankte sich die Zuhörerschaft mit einem langen Applaus. Die Männer hatten nicht nur mit ihrem Gesang, sondern auch mit ihrem speziell an die Kulturkommission, aber auch ans Publikum gerichteten Dank die Herzen der Anwesenden gewonnen. Die ganze Band war sich nach dem Konzert einig, kaum je so professionell und liebenswürdig empfangen und während ihres ganzen Auftritts optimal unterstützt worden zu sein.
In Deutschland gibt es übrigens einen Chor gleichen Namens. Die Tuning Forks aus Melle
Apéro
Auch das gehört zur Tradition an der Serenade zu Ferienende: In der Pause strebt alles hin zu den Tischen mit den feinen Brötchen und einem guten Schluck Wein, Wasser oder Shorley – ganz nach dem eigenen Gusto. Die Mitglieder der Kulturkommission und ihre Partner oder Partnerinnen bedienen, gehen mit Getränken und Brötchen herum. Die Leute stehen in Grüppchen zusammen, entdecken da eine lange nicht mehr gesehen Bekannte, dort einen Kollegen.
Und wie jedes Jahr bekam jeder Gast eine der leuchtenden Sonnenblumen mit auf den Heimweg. Bestimmt ist die Kulturkommission schon jetzt wieder am Planen der nächstjährigen Serenade. Man darf gespannt sein – und soll wiederkommen… So bringt auch dieser Anlass die Menschen vor Ort zusammen, was für den dörflichen Zusammenhalt ganz wichtig ist. Oberuzwil ist ja in den letzten Jahren zünftig gewachsen, da helfen solche Veranstaltungen gegen eine möglicherweise zunehmende Anonymisierung.