Tanzend ins Jahr 2020
Vreni Huber strahlt hier mit ihrem Tanzpartner Sepp Hollenstein aus Libingen um die Wette.
Neujahrs-Volkstanzball im Toggenburgerhof Kirchberg SG
Vreni Huber-Brunner aus Flawil liess sich schon in der Kindheit mit dem Tanzvirus anstecken. Zur speziellen Tanzform des Volkstanzes kam sie aber erst mit ungefähr vierzig Jahren. Sie trat einem Trachtenverein mit Volkstanzgruppe bei. Von da an war es um sie geschehen, sie liess sich ganz auf diese neue Liebe ein. Bis heute ist sie fasziniert von der heimatlich anmutenden Musik, der Gemütlichkeit und Kameradschaft, schätzt aber auch, dass dabei Körper und Geist gefordert werden.
Seit 2016 bietet Vreni Huber nun einen speziellen Neujahrs-Volkstanzball an, immer im schönen Saal des Toggenburgerhofs. Da man im Hotel grad auch ein Bett buchen kann, ist selbst eine weite Anreise kein Hindernis, dieses Fest für Freunde der volkstümlichen Musik und des Trachtentragens zu besuchen. Der Toggenburgerhof ist zudem für seine gute, währschafte Küche bekannt. Falls der Saal auch nächstes Jahr noch in Betrieb sein wird, gibt es bestimmt auch dann wieder einen Neujahrs-Volkstanzball.
Vom Andrang überwältigt
Vreni Huber drückte in ihren Begrüssungsworten ihre riesige Freude über den grossen Aufmarsch an Tanzfreudigen aus. Als Werbung für ihren Ball hatte sie in „Tracht und Brauch“, der Zeitschrift des Schweizerischen Trachtenvereins, ein Inserat aufgegeben. Tracht und Brauch Aber auch per E-Mail und mit Einladungen, die sie an verschiedenen Tanzanlässen auflegte, wurden die Interessierten informiert. Moderne Trachtenleute wie Vreni Huber getrauen sich auch auf „Social media“ einen Hinweis zu platzieren, so etwa auf FACEBOOK oder INSTAGRAM. Sicher hat auch das äusserst moderate Eintrittsgeld niemanden von einem Besuch abgehalten…
Bereits früher hatte Vreni Huber schon drei Bälle zum „Tag der Tracht“ am 6. Juni organisiert, welche jeweils in einem Saal in Hohentannen stattfanden.
Vreni Huber-Brunner war vom Aufmarsch überwältigt, freute sich aber auch über den Dank der Teilnehmenden. Auch sie bedankte sich für alle Unterstützung.
Was ist Volkstanz überhaupt?
Ein Volkstanz wird überall nach genau vorgegebenen Schrittfolgen getanzt. Das muss natürlich geübt werden. So bietet Vreni Huber auch – und erst noch völlig gratis – Tanzabende im Rössli Flawil an, wo Volkstänze quer durch die Schweiz getanzt werden. Das Haus bietet den Saal ebenfalls gratis an, Tänzerinnen und Tänzer revanchieren sich mit einer anständigen Konsumation. Geübt wird ab CD, aber an einem Ball wie am dritten Januar 2020 spielt selbstverständlich eine Live-Musikkapelle auf. Das Repertoire kann sich sehen lassen. Es gibt unzählige Polkas, Ländler, Walzer, manche mit richtig abenteuerlichen Namen wie etwa „Krawall im Stall“, „Schründler“, „Patronetäsche“, aber auch „Fonduepfännli“, „Achtung, fertig, los!“ oder auch „Über tausend Gipfel“, dazu noch ganz viele andere Titel.
Ein Tanzvergnügen für alle
Beim Volkstanzen braucht man nicht unbedingt einen festen Tanzpartner. Auch zwei Frauen können miteinander tanzen, wobei natürlich im Voraus abgemacht werden muss, wer welchen Part übernimmt. Man kann auch völlig allein auf so einen Ball kommen, die einzige Voraussetzung: Man hat ein gewisses Repertoire an Volkstänzen eingeübt. Wenn man Glück hat, gibt es vor Ort andere Einzelpersonen, mit denen man tanzen kann. Männer sind ja bei den meisten Tanzveranstaltungen „Mangelware“, in Kirchberg tanzten allerdings erstaunlich viele, darunter auch bereits etwas ältere Herren mit.
Manchmal muss man bei einem Volkstanz auch „untendurch“…
Eine Tracht gehört dazu
Auch am Volkstanzball in Kirchberg kamen fast alle Tänzerinnen und Tänzer in Tracht. Wer sich da gut auskennt, sieht sofort, woher die einzelnen Personen kommen. Allen gemeinsam sind bei den Frauen weisse kurzärmlige Blusen mit Puffärmeln bis zu den Ellbogen, meist mit einem schwarzen Bändelchen mit Masche umbunden. Die Stoffe werden je nach Tracht aus unterschiedlichem Material genäht, die Schürzen ebenfalls. Kunstvolle Umhänge – sogenannte „Fichus“, entweder geklöppelt, gehäkelt oder gestrickt und oft auch wunderschön bestickt – lassen die Frauentracht auch von hinten sehr schmuck erscheinen. Bei manchen Trachten gehört zudem eine hübsche Blume in den Ausschnitt. Eine Wissenschaft für sich sind die Hüte oder Hauben, welche in Kirchberg allerdings nur wenig zu sehen waren. Natürlich kommen auch die meisten Männer so richtig herausgeputzt an so einen Ball.
Abwechslungsreich zusammengestelltes Programm
Vreni Huber achtet beim Zusammenstellen eines Ball-Programms auf eine gute Abfolge der unterschiedlichen Taktarten, Stimmungen, Tempi. Bei jedem Tanz konnten sich die vielen Tanzfreudigen wieder neu auf dem Tanzboden einfinden und mittanzen – oder am Platz mit Gleichgesinnten essen, plaudern und fachsimpeln. Auch einfach die Musik zu geniessen und den Tanzenden zuzuschauen war selbstverständlich erlaubt. Und zu schauen gab es immer etwas. Manche Tänzerin, mancher Tänzer war beispielsweise vielleicht etwas gar mutig gewesen, bei einem bestimmten Tanz mitzumachen und musste nun fast Schritt für Schritt bei den Nachbarn schauen, welche Abfolge nun als Nächstes komme – wobei es durchaus auch einmal eine Kollision geben konnte…
Oberes Bild: Die Schwestern Lydia Luzi – links – und Marlis Manser haben den Tanz „Am Carschinasee“ choreografiert. Unten: Gespräche, oft auch über Vereinsgrenzen hinaus gehören ebenfalls zu einem Ballvergnügen.
Der Abend war in fünf Blöcke zu je fünf Tänzen aufgeteilt, ein sechster Block konnte aus dem Repertoire ausgelesen und bei Vreni angemeldet werden. Einziges Kriterium: Das Trio „Namälos“ musste das Stück kennen.
Tanzeinlage
Vreni Huber leitet nebst der Tanzgruppe Gossau auch die Tanzgruppe Niesen Weinfelden ad interim sowie die Plausch-Trachtengruppe Bütschwil. Die Gossauer Volkstanzgruppe tanzte in der Pause – nach dem dritten Block – zwei Tänze vor. „Bunte Wälder“ wurde eigens für Vreni Huber zu ihrem Sechzigsten von Werner Vogel choreografiert. Mit „Roche d’Or“ verabschiedeten sie sich wieder, vom fachkundigen Publikum heftig beklatscht. Die Gruppe mit ihren sieben Tanzpaaren hatte für ihren Vortrag mehr Raum als die gegen hundert Tänzerinnen und Tänzer, welche sich bei manchen Stücken auf der Tanzfläche tummelten.
Höfischer Tanz
Vor dem letzten Block stand die Allgemeine Française auf dem Programm, diesmal kommentiert von Maja Hager. Die Adligen zu Zeiten der französischen Monarchie hatten natürlich viel Zeit, um etwas kompliziertere Tänze einzustudieren, mussten sie sich doch nicht um den Alltag kümmern, dafür war die – schlecht bezahlte – Dienerschaft da. Und so vergnügte man sich mit klassischen Klängen. In Kirchberg war dies ab CD ein Querschnitt durch die Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss Sohn. Da bekamen die Tänzer plötzlich ganz feine Manieren, grüssten freundlichst ihre Tänzerin, diese grüssten zurück… Ein wenig musste man das Vokabular schon kennen, damit man mittanzen konnte, denn so ein Tanz lebt ja davon, dass alle sich gleichzeitig – und auf die GLEICHE Seite drehen. So musste auch mal nummeriert werden, gab es eine „Person 1“ und eine „Person 2“, damit klar wer, wer jetzt was tun müsse.
Hier ein Beispiel aus München, wie eine solche Française kommentiert werden kann. Kommentieren zur Française
Trio „Namälos“
La Verne Schweizer am Akkordeon ist die Leiterin der Formation. Kilian Schönenberger spielt Kontrabass und Ruedi Breitenmoser auf dem Akkordeon. Das Trio war von Anfang an bei den von Vreni Huber organisierten Bällen dabei, sie wissen deshalb sehr genau, wie die einzelnen Stücke zu spielen sind. Diesmal erweiterte die Akkordeon-Nachwuchsspielerin Deborah Iten das Trio zum Quartett. Die Musikkapelle hatte ein grosses Pensum zu bewältigen, denn sie gaben bei gut 30 Tänzen Tempo und musikalische Stimmung vor. Auch wer nicht tanzte, konnte die Musik geniessen.
Das Trio Namälos sorgte mit grosser Ausdauer und hoher Musikalität für den richtigen Schwung beim Tanzen. von links: Deborah Iten, La Verne Schweizer, Ruedi Breitenmoser und Kilian Schönenberger.
Auf der Homepage der Schweizerischen Trachtenvereinigung können verschiedene Tänze angeschaut werden. Die schönen Trachten sind ein Genuss fürs Auge, die Musik dazu einer für alle Volksmusikfreunde. Achtung fertig los
Vreni war eine Nachbarin der Hinterbergers in Langenentschwil.
Sehr gut beschrieben. Tanzen gibt eine gute Laune.
Finde ich auch!