„The Kinks“ zu Besuch im Rock- & Pop-Museum Niederbüren
Auch wenn der letzte Auftritt der legendären Band THE KINKS schon 1996 war, sind sie bis heute die absoluten Lieblinge des Rock- &- Pop-Museum-Gründers Roland „Tschiibii“ Grossenbacher geblieben. Und so hatte sich der charismatische Sammler und Erzähler denn auch in sein schönstes Kleid geworfen – ein oranges T-Shirt mit dem Aufdruck THE KINKS. Schülerinnen und Schüler der vierten Kanti-Klasse Wil hatten schliesslich ihren Auftritt im Rock- & Pop-Museum angekündigt. Da muss man auch passend angezogen sein.
Strahlender Tschiibii Grossenbacher im Eingangsbild, hier seine Uschi, zusammen mit Franziska Werz, einer freiwilligen Helferin.
Ergänzungsfach Musik
Im vierten Kantonschuljahr kann nebst andern Fächern auch das Ergänzungsfach MUSIK belegt werden. Wer allerdings bereits das Schwerpunktfach MUSIK gewählt hat, kann hier nicht mitmachen. Acht junge Erwachsene rund um die Musiklehrkräfte Oliver Benz und Philippe Ellenberger haben diese Möglichkeit zum Anlass genommen, gemeinsam ein besonderes Projekt zu starten. Dafür standen wöchentlich vier Lektionen zur Verfügung. „History of Rock“ heisst das Projekt. Da braucht das Resultat natürlich auch einen besonderen Ort, um vor grösserem Publikum zu zeigen, was herausgekommen ist. Und welche Räumlichkeiten würden sich da besser eignen, als das interessante, so liebevoll eingerichtete Rock- & Pop-Museum Niederbüren? Klar gäbe es grössere Lokale und bequemere Sitzgelegenheiten, aber halt nirgends eine so passende Atmosphäre wie eben in diesem Haus – wie Oliver Benz humorvoll anmerkte.
Der Hausherr begrüsst
Tschiibii begrüsste seine Gäste – die er alle duzt, wie in (Rock-)Musikerkreisen üblich – mit einem breiten Lachen. Er freute sich sichtlich, die jungen Leute ansagen zu dürfen. Mehr als einmal betonte er, wie sehr Musik Menschen verbinden könne. Das zeige ihm auch das bunt gemischte Publikum, quer durch alle Generationen. Man spürte die ehrliche Freude an diesen jungen Erwachsenen, welche sich in seine Lieblingsmusik vertieft hatten und diese nun Eltern, Grosseltern und Klassenkameraden und –kameradinnen vorstellen wollten. Und er behauptete, dass diese jungen Leute wahre Helden seien, nicht die von „Glanz und Gloria“, wie er süffisant anmerkte.
Amt für Kultur
Eduard Hartmann vom Amt für Kultur, Teilbereich Kulturelle Teilhabe, plauderte in seinem kurzen Grusswort etwas aus dem Nähkästchen. Er habe die Grossenbachers einmal vor Zeiten in ihrem eigenen Haus besucht und schnell festgestellt, dass da kaum mehr Raum für Schlafen und Essen sei. Denn alles sei vollgestopft gewesen mit wertvollem Sammelgut über die Musik der Rock’n’Rollgeschichte. Und welcher Glücksfall! Es gab die Möglichkeit, im stillen Sorntal ein Museum einzurichten. Wie passend, dieses Konzert jetzt in den Räumlichkeiten genau dieses Museums zu veranstalten.
Spannende Instrumentierung
Mit einer, manchmal sogar zwei Geigen, einem Cello, Keyboard und E-Bass sowie einem schön versteckten Schlagzeug auf der Bühne war die Gruppe perfekt auf den doch eher kleinen Raum eingestellt. Sie hatten allerdings einiges Material mitbringen müssen, was Oliver Benz die Möglichkeit gab, einen kleinen Werbespot für die Firma Auto-Miet-AG in Wil anzubringen, hatte diese doch ein Fahrzeug zu äusserst guten Konditionen zur Verfügung gestellt. Und wer es noch nicht wusste: „Das Konzert veranstalten Absolvierende der einzig wahren Kanti, der Kanti Wil!“ Mit einem Abklatsch für alle acht Mitwirkenden gab Benz die Bühne frei.
Inspirierende Lehrpersonen
Wer Musiklehrer wie Oliver Benz und Philippe Ellenberger hat, wird jede Musikstunde als Inspiration und Herausforderung erleben. Augenfällig war der sehr persönlich wirkende Umgang aller Mitwirkenden untereinander. Und man glaubte es Oliver Benz sofort, wenn er mit Augenzwinkern anmerkte, dass bei ihnen Spass und Humor in jeder Lektion vorkämen. Er war auch überall zur Stelle, wo ein mögliches Problem technischer Art im Anzug zu sein schien.
Die „Projekt-Begleiter“: links – Oliver Benz, daneben Philippe Ellenberger
Abwechslungsreiche Song-Auswahl
Mit dem Lied „You Really Got Me“ der legendären Kinks zauberten die acht am Projekt Beteiligten ein erstes Funkeln in die Augen von Tschiibii. You Really Got Me KINKS. Auch den Beatles wurde mit „Octopuss’s Garden“ aus dem Album ABBEY ROAD von 1969 Tribut gezollt. Octopuss’s Garden BEATLES. Hier war ein richtig voller Sound zu hören, kraftvoll und dem Text angepasst. Die jungen Leute wechselten sich mit der Ansage ab.
„Stand By Me“, diesen Klassiker aus dem Jahre 1961, hat man schon in unzähligen Varianten gehört, schliesslich wurde das Lied schon x-Mal gecovert. Die Kanti-Band legte sehr viel Gefühl in den Song, und das nicht immer hochbeschäftigte Instrument Triangel kam hier für einmal zum Einsatz, exakt zur richtigen Zeit angeschlagen von Sänger Adriel Joel Monostori, auch dies ein Zeichen für den Humor, der in diesem Fach Platz hat. Nur den Schlusston konnte er erst nach dem Applaus noch anbringen, das Publikum war so hingerissen, dass es nicht bis zum Ende warten mochte. Dieser Sänger scheint es faustdick hinter den Ohren zu haben, hat Gestik und Stimme schon sehr an seine Idole angepasst und wird in zehn Jahren bestimmt ein begehrter Rocksänger sein, falls er diesen Weg einschlagen möchte. Ein wenig von einem Bad Boy hat er schliesslich bereits. Und die Stimme verändert sich ja mit den Jahren, gewinnt an Tiefe und Volumen.
Auch der St.Louis-Blues, von Louis Armstrong unsterblich gemacht, durfte da nicht fehlen. Dieses Stück wird von manchen als „Ursprung des Rock’n’Roll“ bezeichnet. Louis Armstrong St.Louis Blues Hier sangen sich die jungen Frauen in die Herzen des Publikums. Musiklehrer Benz verblüffte mit der Aussage, Bassistin Romina Berliat habe erst bei diesem Projekt mit dem Bassspielen angefangen, trete nun aber doch schon wie eine echte Rockröhre auf. Wie Recht er hatte!
1 Sängerin Alina Graf – 2 im Hintergrund die kraftvolle Pianistin Linda Barbieri sowie Gitarristin Soraya Cadonau – 3 Schlagzeuger Silvan Hilber.
Linda Barberi am E-Piano spielte gekonnt und rhythmisch sicher und unterstützte so ihre Bandmitglieder. Auch wenn sie etwas versteckt im Hintergrund wirkte, war sie doch unüberhörbar. Das gilt auch für Silvan Hilber am Schlagzeug. Benz sagte dazu: „Ohne einen tollen Schlagzeuger kann jede Band gleich wieder einpacken.“ Elenia Malagon gab mit ihrem Geigenspiel den Liedern Schmelz und Leichtigkeit, sie sang auch bei dem einen oder andern Lied mit. Für ihre Darbietungen bekamen die jungen Leute immer wieder begeisterten Applaus. Nicht vergessen werden darf auch Soraya Cadonau an der Gitarre und Sängerin Alina Graf mit ihrer schönen, eher einem Mezzosopran zuzuordnenden Stimme.
Queen-Medley
Nach einem kleinen Umbau kamen alle Mitwirkenden vor die Bühne, Oliver Benz setzte sich ans Keyboard, Philippe Ellenberger gesellte sich zu den Bandmitgliedern. Nun erklangen etliche Songs der unvergesslichen Queens – gerade eben mit dem Film BOHEMIAN RAPSODY wieder so richtig ins Bewusstsein gebracht TRAILER zu BOHEMIAN RAPSODY in Deutsch – in einem frischen Medley. Die jungen Stimmen passten gut zu diesen energiegeladenen Stücken wie „We Will Rock You“ We Will Rock You oder „We Are The Champions“. Da gab es auch im Publikum Mitsingende, schliesslich erinnert man sich gerne an die Bands seiner Jugend. In diesem Block gab es auch ganz besinnliche Klänge. Spannend auch, dass der eher introviert scheinende junge Cello-Spieler Radovan am Cello sein Leibchen mit dem Aufdruck HARD Rock Cafe noch verschämt verdeckt hatte, beim Singen nun aber zeigte. Rockmusik ist eben auch ein Lebensgefühl mit verschiedenen Seiten.
1 Cellist Radovan Diabetic, Schlagzeuger Silvan Hilber, Musiklehrer Philippe Ellenberger – 2 (Mitte Vordergrund) Elenia Malagon, Geige und Alina Graf, Sängerinnen – 3 von links: Gitarristin Soraya Cadonau, Pianistin Linda Barberi und Leadsänger, Geigen- und Triangelspieler Adriel Joel Monostori.
Pädagogische Seite
Musik hat unendlich viele verschiedene Seiten. Es ist eine Sprache, die weltweit verstanden wird. Emotionen können damit ausgedrückt, Landschaften beschrieben und Herzen erreicht werden. In einer Band zu spielen bedeutet auch, gut aufeinander zu hören, nicht immer die erste Geige spielen zu wollen, sondern sich in den Dienst des Ganzen zu stellen. Vieles ist vorgegeben: Melodie, Takt, Dynamik, und doch bleiben viele Gestaltungsmöglichkeiten. Aber auch die Interpretation eines Stücks muss von allen in der Band bejaht werden, sonst bricht Chaos aus. Und natürlich muss auch geübt werden, denn das Beherrschen des Instruments ist Voraussetzung für einen guten Klang. Wer sich für das Ergänzungsfach Musik anmeldet, weiss um all diese Fakten. Oliver Benz und Philippe Ellenberger haben da die richtige Mischung aus ernsthaftem Gestalten und Spass am Tun gefunden. Und das war auch während dieser ganzen Stunde auf der Rock-Museums-Bühne gut zu spüren.
Links: Der griffsichere Cellist Radovan Diabetic und im Hintergrund Neu-E-Bassistin Romina Berliat – rechts: Soraya Cadonau an der Gitarre, in der Mitte Alina Graf und Adriel Joel Monostori, die beiden Leadstimmen.
Einlage der Musiklehrer
Die zwei Männer hatten auch zwei Stücke nur zu Zweit vorbereitet. Oliver Benz besang „LADY MADONNA“, diesen unsterblichen Song von John Lennon und Paul McCartney. Sein Kollege begleitete ihn auf dem E-Piano. Danach widmete Oliver Benz dem Hausherrn noch ganz persönlich mit „Shangri La“ einen Kinks-Song, Shangri La Kinks den er auf dem Piano selber begleitete. Kollege Ellenberger sass vor dem Instrument und schaute, dass sich das Pedal nicht verschob – eine witzige Kombination der Zusammenarbeit. Gerührt umarmte Tschiibii darauf „Musikgeschenke-Macher“ Benz. Und das Publikum spendete reichlich Applaus.
Uschi und Tschiibii Grossenbacher sind gute Gastgeber. Und sie haben sich perfekt aufgeteilt. Tschiibii ist für den mündlichen Teil – also Ansage und Begeisterung für Museum und dessen Schätze – zuständig, während Uschi, zusammen mit andern helfenden Händen, Besucherinnen und Besucher mit ihren feinen Gemüse – Apéros verwöhnt, alles in Handarbeit zugeschnitten. An diesem Morgen gab es allerdings Getränke, Gipfeli und feine Brügeli. Doch bereits am Nachmittag sollte wieder eine Führung stattfinden, dann wieder mit Apéro, bereits morgens um sechs Uhr schon teilweise vorbereitet durch Uschi.