Wenn Quattro Stagioni KEINE Pizza ist…

Wenn Quattro Stagioni KEINE Pizza ist…

16. Februar 2025 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

….sondern eine Auswahl an Musikstücken mit dem Titel «Die vier Jahreszeiten» oder eben «Quattro Stagioni». Zu diesem ganz besonderen Konzert haben sich das Bläserquintett Generell5 und der Akkordeon-Virtuose Sven Angelo Mindeci zusammengeschlossen. Der Konzertzyklus Uzwil hat mit diesem Konzert einmal mehr einen guten «Riecher» gehabt. 130 Personen fanden sich in der Kirche St.Sebastian in Henau ein.

Konzertzyklus-Präsident Hanspeter Haltner bedankte sich bei zwei weiteren Sponsoren: Raiffeisenbank Niederuzwil und Clientis-Bank AG Oberuzwil. Ohne eine solche Unterstützung könnte der Konzertzyklus keine derart hochstehenden Konzerte anbieten.

Letzte Vorbereitungen für einen Hörgenuss durch die vier Jahreszeiten.

Dass ausserdem ein ausgewiesener Akkordeonist mit von der Partie war, erhöhte den Reiz noch. Es gab auch eine lichttechnische Überraschung. Je nach musikalischer Jahreszeit wurde der Altarraum in ein passendes Farbenmeer verwandelt. Das Auge hatte auch sonst viel zu sehen. Vor dem Konzert war eine wahre Instrumentenausstellung vor den aufgestellten Stühlen zu bewundern. Alle kamen später auch zum Zug. Auch die Bläser durften sich mit ihrer gediegenen Kleidung sehen lassen.

Die Namensgebung der Gruppe könnte einen dazu verleiten, zu glauben, dass IMMER und NUR in dieser Zusammensetzung musiziert werde. Das Ensemble wurde 2003 von fünf Studenten der Zürcher Hochschule der Künste – kurz ZHdK genannt – gegründet. Sie haben sich jedoch nicht nur einem Musikgenre verschrieben, sondern lieben Abwechslung. Auf der Konzertzyklus-Webseite konnte kurz vor dem Konzert die Auswahl der Stücke abgerufen werden. Auch am Konzert selbst wurde ein Programmblatt abgegeben. Schon ein kurzer Blick darauf machte klar, dass man ein vielschichtiges «Menü» serviert bekommen werde.

Die Musiker haben 2014 den kleinen «Prix Walo in der Sparte «Band- Populäre Klassik» gewonnen. Seit 2015 spielen sie in der immer gleichen Besetzung. Auch «Heidi und der Wolf», ein ganz besonderes Hörbilderbuch, erzählt vom Bündner Musikkabarettisten Flurin Caviezel, ist von ihrer Musik geprägt. Komponiert wurde diese von Fabian Künzli, in einem Studio eingespielt von Generell5.  

Sven Angelo Mindeci, Akkordeonist, Komponist, Arrangeur

Sven Angelo Mindeci ist Musiker mit Leib und Seele. Das sieht – und hört! – sofort, wer ihn an seinem Instrument sieht. Nach einem Studium der klassischen Musik zogen ihn Jazz und argentinischer Tango in seinen Bann. Der argentinische Komponist und Bandoneon-Künstler Astor Piazzolla (1921-1992) hat diesen zum «Tango nuevo» weiterentwickelt, was ihm zu Beginn viel Gegenwind einbrachte.

 Humorvolle Moderationen

Mindeci  kennt aber auch die französische und italienische Volksmusik von früher Jugend an. Für das Konzert hat der Künstler alle Stücke von Piazzolla für das Ensemble arrangiert.

Das Publikum durfte nicht nur hochstehende Musik geniessen, sondern freute sich auch über die humorvollen «Wortdarbietungen». Die Moderation wechselte immer wieder, meistens mit einer kurzen Diskussion zwischen zwei Musikern. Die Männer offenbarten auch , dass sie versucht hätten, Farbe in die Musik zu bringen. Das gelang ihnen bestens, man genoss immer wieder andere Klangfarben, dazu einen Farbenrausch an den Kirchenwänden.

Herbst

Mit dem weltbekannten «Herbst» von Antonio Vivaldi (1678 –1741) aus seinem Zyklus «Die vier Jahreszeiten» eröffneten die Musiker das Konzert. Oft gehörte Töne, welche das Ensemble Generell5 im Zusammenspiel mit dem virtuosen Akkordeonspieler Sven Angelo Mindeci  zu einem etwas anderen, ebenfalls sehr reizvollen Klangteppich verwob. Gleich darauf ertönten neue, etwas fremdere Harmonien mit dem «Otoño Porteño», dem «Herbst» von Astor  Piazzolla.

Hier brachte Mindeci sein Akkordeon so richtig zum Leuchten. Er bespielte alle Tasten, setzte Akzente, seine Klänge verschmolzen mit den Bläserklängen . Man wähnte sich zeitweise an einem Volksfest von Bauern. Das Waldhorn setzte feine Akzente, auch Patrick Arnold war in solistischen Einschüben zu hören. Während des ganzen Konzerts hatten alle Musiker immer wieder solistische Einsätze, was viel Abwechslung brachte.

Winter

Das Thema «Winter» hat Astor Piazzolla unter dem Titel «Inverno Porteño» auf eindrückliche Weise in Töne gesetzt. Erst unterhielten sich jedoch zwei der Herren darüber, dass jetzt in Argentinien heisser Sommer sei, man deshalb an Weihnachten an den Strand gehe. Allerdings erstreckt sich der Staat über  12 Zeitzonen.

 Das «Frozen Medley» aus der Filmmusik zur «Eiskönigin» sollte bestimmt etwas Kühle in die argentinische Sommerhitze bringen. Nun erstrahlte die Kirche in eisiger Farbe, nur die vertikalen Treppenstufen in hellem Grün. Alles begann hochdramatisch. Patrik Arnold – links – und Luchsinger traten mit Hämmerchen und Hufeisen auf, schlugen energisch den Takt, dass es einem kalt über den Rücken lief.

Xaver Sonderegger spielte nicht nur auf seiner beeindruckenden Posaune -, zum Glück ist der Mann gross und hat lange Arme! – sondern bediente einmal gleichzeitig mit einem Fuss ein Schellentamburin, welches dem Ganzen noch mehr Dramatik verlieh.

Akkordeonist Mindeci liess sein Instrument teilweise derart zittern, dass man beim Zuhören Hühnerhaut bekam. Durch das besondere Licht erstrahlten auch die Blechinstrumente in einem mystischen Glanz.

Frühling

Beim Thema «Frühling» kam Leichtigkeit auf. «When my Sugar walks down the Street» von Ella Fitzgerald (1917-1996) kam die Liebe ins Spiel. Für seine Kollegen hat Posaunist Xaver Sonderegger dieses Stück arrangiert. Und der Piazzolla-Frühling «Primavera Porteño» brachte Leben ins Geschehen. Piazzolla wollte damit das Leben am Hafen – Porteño – einfangen. Beim rhythmischen Klatschen auf die Oberschenkel stellte man sich junge Damen in Stöcklischuhen vor, hörte bei Trompetenklängen das Tuten der Schiffe beim Auslaufen – es war ein Spektakel.

Heimatliche Klänge

Früher wurde das Lied «Lueget von Berg und Tal» in allen Schulen gesungen, war Teil vieler Abendveranstaltungen, gehörte zum Repertoire aller Einheimischen in der Deutschschweiz. Ob das immer noch so ist, scheint allerdings fraglich, lernen doch heutige Schulkinder ganz andere Lieder als frühere Generationen. Doch wenn sie die Aufführung in der Henauer Kirche gehört hätten, könnten sie es wohl kaum erwarten, das Lied einzustudieren.

Nun wusste man auch, weshalb vorne rechts ein Alphorn auf seinen Auftritt wartete, genauso wie die Becken fürs Talerschwingen. Das Lied wurde richtiggehend inszeniert. Xaver Sonderegger und Thomas Gmünder verzogen sich auf die Seite, spielten erst auf ihren Instrumenten, doch bald hörte man den heimeligen Klang des Alphorns, während die vier Kollegen an ihren alten Plätzen das Ganze untermalten. Und schliesslich kamen auch die Milchbecken zum Einsatz, der Klang der silbernen Fünfliber war aus dem Kirchenraum zu vernehmen. Alles verschmolz zu einer einzigen Schweizerhymne, abgeschlossen mit einem langen, langen Schlusston sowie einem beeindruckenden Jauchzer eines Musikers. Verstohlene Tränchen wurden verdrückt, der Applaus war riesig.

Sommer

Noch einmal durfte ein Piazzolla-Stück genossen werden. «Verano Porteño» zeigte auf, dass es in dieser Jahreszeit in Argentinien kalt sei. Im Juni gehen die Menschen dort, die sich das leisten können, in die Skiferien. Hier hatte das Akkordeon eine sehr wichtige Funktion. Erst hatte man das Gefühl, alles sei ein Chaos, hörte schrille Töne wie Schreie, doch alles mündete schliesslich in eine gehörfällige Melodie. Zu guter Letzt durfte das Publikum noch den bekannten «Hummelflug» von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844-1908) erleben, ein Stück aus der Oper «Märchen vom Zaren Saltan». Der in eine Hummel verzauberte Prinz Gwidon verfolgt und umfliegt dabei gezielt zwei böse Schwestern und bringt sie mit seinen Stichen schliesslich zum Schweigen.

Der langanhaltende Applaus rief die bereits abgetretenen Musiker nochmals auf «die Bühne». Sie gewährten noch eine Zugabe, bevor es Gelegenheit gab, mit einer gekauften CD zuhause noch etwas nachzuschwelgen.

Und hier Links zu den zwei ersten Konzerte der Saison 2024/2025

«Die Zauberflöte» – einmal etwas anders vorgetragen

Musik aus der «Belle Epoque» in der Kirche St.Ulrich Oberbüren