Die Katze mit der Libelle
An einem milden Früherbstabend, gestärkt durch ein währschaftes Nachtessen, verspürte ich noch Lust, eine Wanderung zu unternehmen. An der oberen Rotenwiesstrasse, Nähe des Schulhauses, kam mir eine schwarze Katze entgegen. Diese hatte sich schon oft vertraulich genähert, und falls ich stehenblieb, sich an meinem Hosenbein gerieben. Diesmal stolzierte sie mit erhobenem Schwanz daher etwa wie eine erfolgreiche „Mauserin“. Auf etwa 10 Meter herangekommen, sah ich etwas aus ihrem Maul ragen, das fast so aussah wie eine Zigarette.
Nun kam sie bis auf etwa einen Meter heran, als ich entdeckte, dass das „Etwas“ Flügel hatte. Es war eine schöne Blaugrüne Libelle, deren Kopf und Brust zwischen den Vorderzähnen der Katze eingeklemmt waren, daher ragte das walzenförmige Hinterteil gerade aus. Die zwei Flügelpaare waren – ca. 10 cm lang – noch unversehrt.
Ich versuchte die Katze ganz heranzulocken, um das Insekt eventuell zu befreien. Doch setzte sie sich über den nahen Hag ins Gebüsch ab… „Nun ist es halt um dich geschehen“, stellte ich bedauernd fest, doch es kam anders. Die Libelle musste sich im Maul der Katze festgebissen haben, nicht sehr angenehm, wenn man weiss, was für kräftige und scharfe Zangen sowohl als Waffe als auch als Beutegreifer vorhanden sind. Nun sah ich, wie die Katze auf einmal vehement auf das niedere Gebüsch einschlug, aber vergebens.
Das Insekt konnte sich in das dicke Gezweig verkriechen und fand einen Ausweg in die Freiheit, denn plötzlich stieg es, völlig unversehrt, steil in die Luft. Die Katze schaute ihr erstaunt nach und liess sich nicht schmeicheln, nein, sie verzog sich mit eingezogenem Schwanz selbst ins Gebüsch.
Wegen des Bisses in Maul musste sie dieses öffnen, daher der Sieg der Libelle. Erfreut über diesen Ausgang ging ich des Weges. Schade, dass keine Fotografie entstehen konnte, denn ein Passant mit einem Apparat kam nur wenige Augenblicke zu spät.
03.03.1987