Die Stare müssen sich in der Jahreszeit geirrt haben

31. Januar 2019 Aus Von Annelies Seelhofer-Brunner

Vor einiger Zeit benutzte ich die herrliche warmen, trockenen Tage dazu, wieder einmal alle Wälder der Umgebung, also diese des Gäbris- und Sommersberggebiets zu durchstreifen. Dies nicht zuletzt deswegen, um Wildtiere und Vögel beobachten zu können. Diesbezüglich wurde ich aber arg enttäuscht, denn ich konnte während Tagen kein einziges der hier heimischen Tiere entdecken. Dafür hatte ich mit Pflanzen mehr Glück.

Dass die sonnigen Wiesen mit zwar ganz kurzstieligen Gänseblümchen übersät waren, wird den meisten Leuten bekannt sein. Knapp unter dem Gäbris, zuoberst im Giger, entdeckte ich einen ganzen Büschel saftiger Schlüsselblumen. Zum Beweis nahm ich eins mit nach Hause. Beim Wandern über den Schwäbrig über das über das obere Hofgut nach dem Sommersberg stiess ich auf ein kleines Hügelchen, das dicht mit Bärentrauben bewachsen war. So satt dunkelgrüne hatte ich noch nie gesehen, denn die Bärentraubenblätter sind oft mit Rostflecken besetzt. ­

Etwas Lebendiges habe ich dann doch noch entdeckt, zuerst das Zaunkönigpaar, das schon viele Jahre im „Büecheli“ lebt und auch dort überwintert. Ich habe mich schon oft gefragt, wie denn diese winzigen Geschöpfe das Überwintern fertigbringen. Nun habe ich letzthin gelesen, dass sie im Herbst Wintervorräte sammeln und in Rindenritzen der Bäume verstecken. Überdies sind sie ständig auf fliessendes Wasser angewiesen, dies ist im Büecheli der Fall.

Beim Abstieg vom Sommersberg sichtete ich einen grossen Schwarm Bergfinken, gefolgt von einigen Greifvögeln. Den schmalen Flügeln nach müssen es Wanderfalken gewesen sein. Der Schwarm fiel nun in den vorderen Eggwald ein, und da es gegen Abend ging, wahrscheinlich ins Nachtquartier. Die Greife warteten noch eine Weile auf den Weiterflug der Finken, über den Wipfeln schwebend. Wanderfalken fangen ihre Beute nie aus dem Gehölz, sondern immer im freien Flug, dabei folgen sie den Vogelschwärmen auf weiten Strecken.

An den ersten Tagen dieses Monats konnte man von verschiedenen Leuten vernehmen, sie hätten Stare bei uns gesehen, war aber aber noch skeptisch, bis ich anderntags einen kleinen Trupp dieser Vögel beobachten konnte. Sie flogen der Nördlistrasse entlang Richtung Hebrig, um dann ostwärts dem Stoss zustrebend die Niederungen des Rheintals zu erreichen. Am Morgen darauf fand ich einen toten Star vor unserem Haus, der noch warm war und aus dem Schnabel blutete. Er muss in die Hauswand geprallt sein und dabei das Genick gebrochen haben. Das gab dann einen Schmaus für die Hauskatzen.

Wem ist nicht auch aufgefallen, dass fast keine Amseln in der Gegend sind, die doch sonst in orfdentlicher Zahl hier überwinterten? Ich glaube schon, dass man hier den vielen Katzen die Schuld geben kann. Die Amseln bewegen sich gerne in Bodennähe von Gebüschen und sind von geübten Katzen beim An- oder Abflug mühelos zu überraschen. Eine Amsel bedeutet für diese einen ordentlichen Happen, im Gegensatz zu einem mageren Spatz oder den fehlenden Mäusen bei gefrorenem Boden.

Die Stare haben sich nun wieder ins Unterland verzogen, doch hoffen wir, dass sie bald wieder erscheinen und dabei bessere Wetterverhältnisse antreffen.

April 1990